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29.07.2015

Verteilungsregelung: Bestimmung der Vollgeschosse bei unbebauten Grundstücken im unbeplanten Innenbereich

Die Stadt erhob einen Erschließungsbeitrag für ein unbebautes Grundstück im unbeplanten Innenbereich.

Der Fall:

 

Die Stadt erhob einen Erschließungsbeitrag für ein unbebautes Grundstück im unbeplanten Innenbereich. Die Erschließungsbeitragssatzung sah einen kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab vor und enthielt u.a. folgende, der Mustersatzung des Bayerischen Gemeindetags entsprechende Regelung:

 

„In unbeplanten Gebieten und Gebieten, für die ein Bebauungsplan weder die Zahl der Vollgeschosse noch die Baumassenzahl festsetzt, ist bei unbebauten, aber bebaubaren Grundstücken die Zahl auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse maßgebend.“

 

Aufgrund dieser Vorschrift wurde das streitgegenständliche Grundstück mit einem Nutzungsfaktor von 1,3 für eine Bebaubarkeit mit zwei Vollgeschossen belegt. Die Eigentümerin des Grundstücks erhob Klage und wandte ein, die Verteilungsregelung sei zu unbestimmt. Auch das Verwaltungsgericht sah in erster Instanz die Regelung als nichtig an, allerdings mit der Begründung, dass es gegen den Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit verstoße, wenn (nur) die Vollgeschosszahl angesetzt werde, die in der näheren Umgebung üblich sei, nicht jedoch die maximal zulässige Zahl an Vollgeschossen.

 

 

Die obergerichtliche Entscheidung:

 

Zulässige Varianten hinsichtlich der Bestimmung der Vollgeschosse bei Wahl eines kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabs:

Im Rahmen des kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabs „ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Satzungsbestimmung unbedenklich, wenn sie – beispielsweise – bei den bebauten Grundstücken hinsichtlich des Maßes der Nutzung auf die tatsächlich vorhandene Bebauung (und damit auf die tatsächlich vorhandene Anzahl der Vollgeschosse) und bei den unbebauten Grundstücken auf das abstellt, was nach § 34 BauGB bei Berücksichtigung des in der „Nachbarschaft“ oder der „Umgebung“ vorhandenen Maßes der tatsächlichen Nutzung zulässig ist. In gleicher Weise ist es unbedenklich, allgemein und ohne Rücksicht darauf, ob ein Grundstück schon bebaut oder noch unbebaut ist, auf das „in der näheren Umgebung“ überwiegend oder durchschnittlich vorhandene Maß der Nutzung und damit auf die dort überwiegend oder durchschnittlich vorhandene Zahl der Vollgeschosse abzustellen. Schließlich bestehen im Interesse einer einfachen oder praktikablen Lösung auch keine Bedenken, wenn eine Satzung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in unbeplanten Gebieten auf das „Durchschnittsmaß“ der Nutzung aller von der Erschließungsanlage erschlossenen Grundstücke abhebt (….).“

 

Angegriffene Satzungsregelung widerspricht nicht dem Gleichheitssatz:

„Der Verteilungsmaßstab einer Erschließungsbeitragssatzung muss demnach in nicht beplanten Gebieten hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht – wie das Verwaltungsgericht meint – das höchstzulässige Maß der baulichen Nutzung zu Grunde legen, sondern darf auf ein Maß der Nutzung abstellen, das in der Nachbarschaft oder in der näheren Umgebung überwiegend als Nutzungsmaß vorhanden ist (…). Vorteilsprinzip und Abgabengerechtigkeit stehen einer solchen Regelung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn das der Verteilung zugrunde zu legende Nutzungsmaß sich von dem zulässigen Nutzungsmaßstab nicht zu weit entfernt. Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte, weil sich in der näheren Umgebung nach den vorgelegten Unterlagen und dem Vortrag der Beteiligten lediglich ein- oder zweigeschossige Bebauung befindet. Der von der Beklagten gewählte Verteilungsmaßstab – der dem Satzungsmuster des Bayerischen Gemeindetags entspricht (…) und vom Senat in ständiger Spruchpraxis als wirksam angesehen wird – begegnet weder im Vergleich zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken noch im Vergleich zwischen unbeplanten und beplanten Gebieten rechtlichen Bedenken im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz.“

 

Angegriffene Satzungsregelung ist auch nicht unbestimmt:

„Soweit die Klägerin meint, die Begriffe „nähere Umgebung“ und „überwiegend vorhanden“ seien wegen ihrer Unbestimmtheit aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten bedenklich, kann dem nicht gefolgt werden.“

 

„Der Begriff der „näheren Umgebung“ ist durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur entsprechenden Begriffsbestimmung in § 34 BauGB hinreichend geklärt.“ Die „nähere Umgebung“ ist die Umgebung, auf die sich die Bebauung eines Grundstücks auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Grundstücks prägt oder doch beeinflusst. Dabei muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt und Fremdkörper außer Acht gelassen werden. Prägend ist nicht nur die in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks liegende Bebauung, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, sofern auch sie noch "prägend" auf dasselbe einwirkt.

 

„Die Auslegung des Begriffes "überwiegend vorhanden" wirft ebenfalls keine Probleme auf, die nicht üblicherweise bei der Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe zu bewältigen sind (…).“

 

 

Unsere Hinweise:

 

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie die Erläuterungen sowie weitere Rechtsprechung des BVerwG und der Oberverwaltungsgerichte zur Verteilungsregelung und insbesondere zum Nutzungsmaß bei Rdnrn. 901 ff.


Unsere Tipps für die Praxis:

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