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05.04.2012

Rechtmäßigkeit der Herstellung ohne Bebauungsplan?

Es bedarfausnahmsweise keines Bebauungsplans bzw. einer bauplanungsersetzenden Abwägungsentscheidung (§ 125 Abs. 1 bzw. Abs. 2), wenn eine vorhandene im Wesentlichen beidseitige Bebauung der Gemeinde ohnehin keinen nennenswerten Spielraum mehr für die Herstellung der Anlage lässt.


Der Grundsatz:

 

Die Herstellung der Erschließungsanlagen i.S. des § 127 Abs. 2 BauGB setzt einen Bebauungsplan voraus (§ 125 Abs. 1 BauGB). Liegt ein solcher nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Abs. 4 – 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen (§ 125 Abs. 2 BauGB). Die wichtigste materiell-rechtliche Bindung, in deren Rahmen sich die Gemeinde bei Ausübung über Planungshoheit und Gestaltungsfreiheit und damit bei der formlosen (den Bebauungsplan ersetzenden) Planung halten muss, ist das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte Gebot, alle von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Ein Unterlassen der erforderlichen „planersetzenden Abwägungsentscheidung“ führt grundsätzlich zu dem Ergebnis, dass die Anlage nicht rechtmäßig hergestellt ist. Erschließungsbeiträge können für eine nicht rechtmäßig hergestellte Anlage nicht erhoben werden.

 

 Der Fall:

 

Eine Gemeinde stellte eine Erschließungsstraße her, ohne hierfür einen Bebauungsplan zu haben. Eine planersetzende Abwägungsentscheidung unterblieb, weil die Gemeinde zu der Auffassung gelangt war, Verlauf und Breite der Straße seien vorgegeben gewesen, es sei daher für planerische Entscheidungen in Bezug auf Straßenverlauf und –breite kein Raum mehr gewesen. Gleichwohl setzte die Gemeinde Erschließungsbeiträge fest. Dagegen ergriff ein Beitragspflichtiger Rechtsmittel und trug zur Begründung vor, die Straße sei nicht rechtmäßig hergestellt, folglich sei der Beitragsbescheid rechtswidrig. Das erstinstanzlich zuständige Verwaltungsgericht folgte diesem Argument nicht und wies die Klage ab. Hiergegen beantragte der unterlegene Beitragspflichtige die Zulassung der Berufung.

 

 Die obergerichtliche Entscheidung:

 

„Ohne Erfolg bleiben ... auch die Einwände zu der von der Vorinstanz vertretenen Auffassung, § 125 BauGB stehe der Erhebung von Erschließungsbeiträgen nicht entgegen, weil es zur Herstellung der streitgegenständlichen Erschließungsanlage keines Bebauungsplans bedurft habe.

Dabei ist ... (der Klagepartei) nicht zu widersprechen, dass eine grundsätzlich notwendige bauplanungsersetzende Abwägung, ..., die den Anforderungen des § 1 Abs. 4 – 7 BauGB Rechnung trägt, nicht stattgefunden hat. Eine derartige Abwägungsentscheidung ... war ... aber ausnahmsweise entbehrlich.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (...) ist diese Voraussetzung z.B. für eine Straße erfüllt, wenn eine vorhandene im wesentlichen beidseitige Bebauung der Gemeinde ohnehin keinen nennenswerten Spielraum mehr für die Herstellung der Anlage lässt, wenn also nach der vorhandenen Bebauung und den sonst bestehenden Umständen das Ausmaß und der Verlauf der Straße derart festgelegt sind, dass ein Bebauungsplan nichts mehr ändern könnte. Diese Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht aufgrund des Verlaufs der Anlage innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils und der Begrenzung der Trassenführung durch eine beidseitige Bebauung oder andere örtliche Gegebenheiten als erfüllt angesehen. ... Liegt jedoch der Verlauf einer historischen Straße ... fest und ist ihre Fläche insgesamt wegen der bereits seit langem bestehenden Grundstücksverhältnisse vorgegeben, so bedarf es allein wegen der näheren Ausgestaltung der Verkehrsfläche selbst keines Bebauungsplans ... und damit gerade auch keiner Abwägungsentscheidung ...“

 

 Unsere Hinweise:

 

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie zur Rechtmäßigkeit der Herstellung ausführliche Erläuterungen und die Darstellung der einschlägigen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung bei Rdnrn. 60 - 97; zur Herstellung ohne Bebauungsplan und zur planersetzenden Abwägungsentscheidung bei Rdnrn. 90 f.; zur Beitragspflicht nach rechtswidriger Herstellung und zur möglichen Heilung rechtswidriger Beitragsbescheide bei Rdnr. 94 .

 

 


Unsere Tipps für die Praxis:

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