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20.10.2014

Kreisverkehr: Herstellungskosten beitragsfähig?

Nicht abschließend geklärt ist in der Rechtsprechung die Abgrenzung der selbständigen von der unselbständigen Kreisverkehrsanlage.

Der Fall:

Eine Gemeinde erhob Erschließungsbeiträge für eine Straße, die zu einem Kreisverkehr führte. Die für die Herstellung der Kreisverkehrsanlage angefallenen Kosten rechnete sie in den beitragsfähigen Aufwand der Straße mit ein. Hiergegen wandte sich ein Beitragspflichtiger mit dem Argument, diese Kosten hätten nicht in die Abrechnung eingestellt werden dürfen, da der Kreisverkehr als eigenständiges Element des Straßennetzes einer verbesserten überörtlichen Verkehrsführung diene und den Anliegern der Straße keinen spezifischen Vorteil vermittle. Die Gemeinde erwiderte, ein Kreisverkehrsplatz stelle lediglich eine bautechnisch anders gestaltete Kreuzung dar; die Kosten seien wie die für die Herstellung einer Kreuzung entstandenen Kosten zu behandeln. Daher seien sie Teil des beitragsfähigen Aufwands.

                                          

Die obergerichtliche Entscheidung:

Die natürliche Betrachtungsweise beim Kreisverkehr:

„Für die Abgrenzung des Ermittlungsraums ist im Erschließungsbeitragsrecht grundsätzlich auf eine natürliche Betrachtungsweise abzustellen. Soweit demgegenüber vertreten wird, Kreisverkehrsanlagen stellten nur eine besondere Form der Kreuzung dar und seien daher regelmäßig keine eigenständigen Verkehrsanlagen (…), überzeugt dies nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb ausschließlich bei der Beurteilung von Kreisverkehrsanlagen bei der Abgrenzung des Ermittlungsraums die sonst maßgebliche natürliche Betrachtungsweise aufgegeben werden und stattdessen auf eine straßenrechtliche Betrachtungsweise zurückgegriffen werden sollte …“

Kriterium - Überfahrbarkeit der Mittelinsel:

„Ob eine Kreisverkehrsanlage als selbständige Verkehrsanlage oder als Teil einer (anderen) Straße zu betrachten ist, richtet sich daher richtigerweise nach dem durch die tatsächlichen Verhältnisse im maßgeblichen Zeitpunkt geprägten Erscheinungsbild (vgl. BVerwG …). Eine Kreisverkehrsanlage im Sinne des § 9a der Straßenverkehrsordnung - StVO - stellt hiernach nicht in jedem Fall eine eigenständige Verkehrsanlage dar. Vielmehr kommt es auf das tatsächliche Erscheinungsbild an. Danach dürfte im Regelfall eine Kreisverkehrsanlage, deren Mittelinsel überfahren werden kann und die gegenüber der Kreisfahrbahn im Wesentlichen nur optisch markiert ist, im Allgemeinen nicht als Unterbrechung einer Straße wirken. Kann die Mittelinsel überfahren werden (vgl. Anl. 2 zur StVO, Zeichen 215 Nr. 2) und sind die Kreisfahrbahn sowie die Mittelinsel nur optisch markiert, spricht mehr gegen eine trennende Wirkung und gegen eine Eigenständigkeit des Verkehrskreisels. Demgegenüber wird eine Kreisverkehrsanlage, deren Mittelinsel gärtnerisch oder künstlerisch gestaltet ist und nicht überfahren werden kann, eine so deutliche Zäsur im Straßenverlauf darstellen, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise eine eigenständige Verkehrsanlage darstellt.“

Kriterium - Einmündung mehrerer Straßen:

„Ein Verkehrskreisel, in den mehrere Straßen einmünden und dessen Mittelinsel bautechnisch von der Kreisfahrbahn abgesetzt ist, erscheint im Allgemeinen als eigenständige Verkehrsanlage und als Unterbrechung einer einmündenden Straße (…).

Der hier von der Beklagten errichtete Kreisverkehr an der Einmündung der …straße stellt hiernach eine eigenständige Verkehrsanlage dar. Dieser sich schon nach den vorliegenden Plänen aufdrängende Eindruck hat sich bei dem von dem Senat eingenommenen Augenschein bestätigt. Es handelt sich um eine Kreisverkehrsanlage, deren Mittelinsel gärtnerisch gestaltet ist und nicht überfahren werden kann. Sie wirkt daher wie eine selbständige Anlage und nicht wie ein bloßer Annex der …- oder der …straße. Der Kreisverkehr bewirkt eine so deutliche Zäsur im Straßenverlauf, dass er bei natürlicher Betrachtungsweise als eine eigenständige Verkehrsanlage - vergleichbar mit einem Platz - anzusehen ist. Dies wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass von dem östlichen (hier abgerechneten) Teilstück der …straße aus die westlich des Kreisverkehrs verlaufende Fortführung der …straße - trotz der Kreisverkehrsanlage - eingesehen werden kann. Dies hat seine Ursache allein darin, dass beide Teilstücke nicht in Form einer (allein von dem Kreisverkehr unterbrochenen) Geraden verlaufen, sondern leicht zueinander versetzt sind. Der natürliche Eindruck, wonach die Kreisverkehrsanlage eine selbständige Anlage darstellt, wird hierdurch jedoch nicht beeinträchtigt.“

 

Unsere Hinweise:

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie die grundsätzlichen Erläuterungen und die einschlägigen Rechtsprechung bei Rdnrn. 11a, 22, 192 und 701 sowie zum Straßenausbaubeitragsrecht Rdnr. 2072.


Unsere Tipps für die Praxis:

Exklusiv für die Bezieher des Matloch/Wiens Erschliessungsbeitragsrechts. Die Tipps für die Praxis tragen dazu bei, die schwierige Materie in den Alltag zu integrieren.

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