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15.12.2011

Herstellungsmerkmal: Fahrbahndecke in „neuzeitlicher Bauweise“

Eine Straße ist dann endgültig hergestellt, wenn sie einen Ausbauzustand erreicht hat, der den satzungsgemäß festgelegten und wirksamen Merkmalen der endgültigen Herstellung entspricht.

 

Der Fall:

 

In den Jahren 1949/1950 führte die Gemeinde Baumaßnahmen an der K...straße durch. Danach besaß diese eine einfache Teerdecke; Auf Grundlage von Ausbauplänen aus den Jahren 1996/1997 stellte die Gemeinde zwischen 2000 bis 2002 eine neue Fahrbahn der K...straße her und setzte sodann Erschließungsbeiträge fest.

In dem anschließenden Rechtsstreit stellte sich (u.a.) die Frage, ob die Herstellung der K...Straße in den Jahren 1949/1950 ausreichend gewesen war – mit der Folge, dass heute keine Erschließungsbeiträge mehr erhoben werden könnten. Die betroffenen Beitragspflichtigen trugen vor, die damaligen Baumaßnahmen hätten den Anforderungen genügt, die an die Herstellung der Fahrbahndecke zu stellen seien. Zwar habe der Fahrbahnbelag unstreitig im Wesentlichen aus Teer bestanden. Aus der Verwendung von Teer als Baumaterial könne kein Rückschluss auf ein lediglich provisorisches Bauwerk gezogen werden. Die Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde von 1989 lasse es ausdrücklich zu, dass im Rahmen der endgültigen Herstellung Teer verwendet werde. Die von der Gemeinde vorgelegten Bohrprotokolle sprächen ebenfalls nicht für einen lediglich provisorischen Ausbau. Danach habe die Belagsschichtdichte im Bereich der K...straße durchgehend mehrere Zentimeter betragen. Für die Frage, ob die Fahrbahn der K...straße endgültig hergestellt gewesen sei, komme es nach der maßgeblichen Satzung der Beklagten von 1989 lediglich darauf an, ob die Straße einen Teerbelag aufgewiesen habe. Über die Dicke des Straßenbelages bzw. die Anzahl der Beläge sage die Satzung hingegen nichts aus. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Formulierung „neuzeitliche Bauweise“ in der Erschließungsbeitragssatzung von 1989. Diese Formulierung habe keine selbständige Bedeutung im Sinne eines zusätzlichen Erfordernisses. Insbesondere könnten - jedenfalls wenn wie hier jegliche Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen des Satzungsgebers fehlten - über diese Formulierung nicht sämtliche Richtlinien über die Eigenschaften von Erschließungsanlagen wie etwa die RStO als Merkmale der endgültigen Herstellung von Erschließungsanlagen interpretiert werden.

Das erstinstanzlich zuständige Verwaltungsgericht ging – ebenso wie das Berufungsgericht davon aus, dass es sich bei der K...straße nicht um eine beim Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30.6.1961 vorhandene Straße i.S.d. § 242 Abs. 1 BauGB handelte.

 

Die obergerichtliche Entscheidung

 

Die auf den Fall anzuwendenden Grundsätze:

„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Erschließungsanlage oder - wie hier ... - eine Teilanlage, ist dann endgültig hergestellt, wenn sie einen Ausbauzustand erreicht hat, der den satzungsgemäß festgelegten und wirksamen Merkmalen der endgültigen Herstellung entspricht. Hierfür muss die Erschließungsanlage bzw. Teilanlage insgesamt, insbesondere in ihrer gesamten Ausdehnung (Länge, Fläche), die sich aus dem Teileinrichtungsprogramm bzw. Bauprogramm ergibt, den im technischen Ausbauprogramm als endgültig vorgesehenen Ausbauzustand erreicht haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1985 - 8 C 66.84 - DVBl 1986, 349; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 10.10.1995 - 8 C 13.94 - BVerwGE 99, 308).“

 

Was bedeutet „Stand der Technik“?

„Für die Frage, welche Anforderungen an das technische Ausbauprogramm der Fahrbahn ihrer Ortsstraßen zu stellen sind, sind die Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (RStO) zugrundezulegen. Diese Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus geben den jeweils aktuellen Stand der Technik in diesem Bereich wieder. Sie werden von den zuständigen Behörden in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich bei der Herstellung des Oberbaus angewendet; nach den Aussagen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ist ihm kein Fall bekannt, in dem die Gemeinden beim Ausbau der Ortsstraßen diese Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus nicht angewendet bzw. ihrer Ausschreibung nicht zugrunde gelegt haben. Vor diesem Hintergrund ergibt sich der Standard für das technische Ausbauprogramm der Fahrbahnoberfläche im Regelfall aus den genannten Richtlinien.

Unschädlich ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass in § 14 Abs. 1 Nr. 1 EBS 1989 nicht ausdrücklich auf die Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus verwiesen wird. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (...) hat der Satzungsgeber mit der beispielhaften Aufzählung der Fahrbahnbefestigungen - wie hier in § 14 Abs. 1 Nr. 1 EBS 1989 geschehen - bereits ausreichend zum Ausdruck gebracht, dass die Fahrbahn einer neuzeitlichen Bauweise zu entsprechen hat. ... Durch die Formulierung „ähnliche Decke neuzeitlicher Bauweise“ macht der Satzungsgeber für den betroffenen Bürger jedenfalls hinreichend deutlich, dass die endgültige Herstellung der Fahrbahn einen Ausbauzustand entsprechend dem jeweils gültigen technischen Standard voraussetzt; bei sinnorientierter Auslegung der Regelung in § 14 Abs. 1 Nr. 1 EBS 1989 kann - mit anderen Worten - kein Zweifel daran bestehen, dass gerade nicht jeder Asphalt- bzw. Teerbelag ausreichend ist, um das technische Ausbauprogramm der Gemeinde zu erfüllen, sondern lediglich ein Belag in einer Qualität, wie es dem allgemein üblichen Standard entspricht.“

 

Unsere Hinweise:

 

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Zipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie die Erläuterungen und die umfangreiche Rechtsprechung mit einer Fülle von Antworten auf Einzelfragen zur erstmaligen Herstellung der Erschließungsanlagen  bei Rdnrn. 180 ff.  Besonderheiten zu Fragen im Beitrittsgebiet werden bei Rdnr. 188 erläutert.. Zur Verlängerung einer bereits vorhandenen Straße s. Rdnr. 18 . Zum Inhalt der Erschließungsbeitragssatzung, zur Regelung der Merkmale der endgültigen Herstellung, zum Ausbaustandard s. Rdnrn. 410 ff.

 


Unsere Tipps für die Praxis:

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