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18.03.2013

Grunderwerb als Merkmal der endgültigen Herstellung: Erschließungsbeitragssatzung nichtig?

Die Gemeinde muss in ihrer Erschließungsbeitragssatzung die „Merkmale der endgültigen Herstellung“ regeln. Der Grunderwerb für die Fläche der Erschließungsanlage kann als Merkmal der endgültigen Herstellung festgelegt werden, muss es aber nicht.


Der Grundsatz:

 

Die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen umfasst alle Maßnahmen bis zu dem Stadium, in dem alle im Zusammenhang mit dem Bau der Erschließungsanlage anfallenden Maßnahmen abgeschlossen sind. Die Gemeinde muss in ihrer Erschließungsbeitragssatzung die „Merkmale der endgültigen Herstellung“ regeln (§ 132 Nr. 4 BauGB; in Baden-Württemberg § 34 Nr. 3 KAG-BW).

 

 

Der Fall:

 

Eine Gemeinde erhob von dem (späteren) Kläger Erschließungsbeiträge für die Herstellung einer Straße. In dem Herstellungsaufwand, den die Gemeinde ihrer Beitragsberechnung zugrunde gelegt hatte, waren außer den Baukosten auch Kosten für den Erwerb von den für die Straße benötigten Grundflächen enthalten. Die der Beitragserhebung zugrunde liegende Erschließungsbeitragssatzung (EBS) aus dem Jahr 1991 enthält in § 8 Abs. 4 EBS folgende Regelung:

 

„Zu den Merkmalen der endgültigen Herstellung der in den Absätzen 1 mit 3 genannten Erschließungsanlagen gehören alle Maßnahmen, die durchgeführt werden müssen, damit die Gemeinde das Eigentum oder eine Dienstbarkeit an den für die Erschließungsanlage erforderlichen Grundstücken erlangt.“

 

Auf die Klage des Beitragspflichtigen hin hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, § 8 Abs. 4 EBS sei nichtig. Die Satzungsregelung lasse nicht erkennen, welcher Zeitpunkt für die endgültige Herstellung einer Erschließungsanlage maßgeblich sein solle. Es bleibe unklar, auf wessen Maßnahmen im Hinblick auf den Erwerb des Eigentums oder einer Dienstbarkeit an den erforderlichen Grundstücken abgestellt werden solle. Die Unklarheiten, ob es auf Maßnahmen der Gemeinde, des Notars oder etwa des Grundbuchamts ankomme, würden die Annahme verbieten, es sei auf die Eintragung im Grundbuch abzustellen. Die daraus folgende Nichtigkeit des § 8 Abs. 4 EBS erfasse die gesamte Merkmalsregelung mit der Folge, dass eine vollziehbare Satzung nicht vorliege und der Bescheid damit rechtswidrig sei.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gegen sein Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

 

 

Die obergerichtliche Entscheidung:

 

„Die Erschließungsbeitragssatzung des Beklagten enthält entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts in § 8 eine wirksame Regelung über die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage, wie sie § 132 Nr. 4 BauGB verlangt.

 

Der Grunderwerb für die Fläche der Erschließungsanlage kann als Merkmal der endgültigen Herstellung festgelegt werden, muss es aber nicht (...). Der Beklagte hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und in § 8 Abs. 4 EBS bestimmt, dass zu den Merkmalen der endgültigen Herstellung alle Maßnahmen gehören, die durchgeführt werden müssen, damit die Gemeinde das Eigentum oder eine Dienstbarkeit an den für die Erschließungsanlage erforderlichen Grundstücken erlangt. Diese Merkmalsregelung ... ist vom Senat in ständiger Spruchpraxis ohne weiteres als wirksam angesehen worden (...). Sie genügt den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen ebenso wie dem gesetzgeberischen Ziel des § 132 Nr. 4 BauGB, den betroffenen Grundstückseigentümern die endgültige Herstellung der ihre Grundstücke erschließenden Anlage möglichst eindeutig erkennbar zu machen (...).

 

Der Wortlaut lässt die Normadressaten ... keineswegs im Unklaren darüber, auf wessen Maßnahmen im Hinblick auf den Erwerb des Eigentums oder einer Dienstbarkeit abgestellt werden soll. Er bezieht sich vielmehr ausdrücklich auf „alle Maßnahmen“, die für den Erwerb – von wem auch immer – durchgeführt werden müssen. Die Merkmalsregelung stellt damit unmissverständlich auf den vollständigen Abschluss des Erwerbs des Eigentums oder einer Dienstbarkeit nach § 873 Abs. 1 BGB einschließlich der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch ab, der sich auf die gesamte Grundfläche der Erschließungsanlage beziehen muss (...). Mit diesem Regelungsinhalt lässt sich die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage anhand objektiver, eindeutig erkennbarer Kriterien, nämlich der Eintragung im Grundbuch, feststellen. Ob eine Unwirksamkeit des § 8 Abs. 4 EBS, wie das Verwaltungsgericht weiter angenommen hat, zur Gesamtunwirksamkeit der Merkmalsregelung führen würde, kann daher dahinstehen (...).“

 

 

Unsere Hinweise:

 

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Oberverwaltungsgerichte sowie die Erläuterungen zu den aufgeworfenen Fragen unter den Rdnrn. 400 ff., konkret zum Grunderwerb als Merkmal der endgültigen Herstellung bei Rdnrn. 415 f.

 


Unsere Tipps für die Praxis:

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