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22.10.2012

Grunderwerb abgeschlossen: Kostenspaltung Jahre später noch zulässig?

Die Kostenspaltung zählt zu den sog. Vorfinanzierungsinstrumenten.

Der Grundsatz:

 

Gemäß § 127 Abs. 3 BauGB kann der Erschließungsbeitrag für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung). Spricht die Gemeinde die Kostenspaltung aus, so entsteht eine Beitragspflicht für die Teilbeiträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeiträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind (§ 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB).

 

 

Der Fall:

 

Die Gemeinde (spätere Beklagte im Verwaltungsprozess) setzte gegenüber den Miteigentümern eines an der Erschließungsanlage gelegenen Grundstücks einen Erschließungsbeitrag fest, mit dem die (späteren) Kläger im Wege der Kostenspaltung zu einem Erschließungs-(teil)beitrag für den Grunderwerb herangezogen wurden. Die Kläger erhoben erfolglos Widerspruch und trugen im anschließenden Verwaltungsgerichtsprozess vor, die Kostenspaltung sei rechtswidrig, weil die beklagte Gemeinde nach dem bereits 1986 erfolgten Grunderwerb zum Nachteil der Kläger zu lange mit der (Teil-) Beitragserhebung abgewartet habe; die späte Beitragserhebung wirke sich nachteilig für die einzelnen Beitragspflichtigen aus, weil ein anderes, damals erschlossenes Grundstück später geteilt worden sei und die Fläche der erschlossenen Grundstücke deshalb im Zeitpunkt des Grunderwerbs größer, der Beitragssatz dementsprechend kleiner gewesen wäre.

 

 

Die obergerichtliche Entscheidung:

 

Es steht im Ermessen der Gemeinde, wann sie Teilbeiträge im Wege der Kostenspaltung erheben will:

„Die Gemeinde kann im Wege der Kostenspaltung nach § 127 Abs. 3 BauGB den Erschließungsbeitrag für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbstständig erheben, wenn die Grundvoraussetzungen hierfür vorliegen und solange die Erschließungsanlage selbst insgesamt noch nicht endgültig hergestellt ist (...). Ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch macht oder bis zum Entstehen der vollständigen sachlichen Beitragspflichten abwartet und dann den vollen Erschließungsbeitrag erhebt, steht in ihrem Ermessen. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Grunderwerb, Freilegung oder Herstellung von Teilen der Erschließungsanlage und Kostenspaltung wird vom Gesetz nicht verlangt (...); die Gemeinde bestimmt vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen, wann und in welcher Reihenfolge sie Teilbeiträge im Wege der Kostenspaltung erheben will. Deshalb war die Beklagte entgegen der Ansicht der Kläger nicht gehindert, eine Kostenspaltung erst viele Jahre nach dem Grunderwerb vorzunehmen (vgl. OVG Hamburg vom 13.8.1991 KStZ 1992, 116); entscheidend ist allein, dass zu diesem Zeitpunkt die endgültigen Beitragspflichten für die gesamte Anlage – unstreitig – noch nicht entstanden waren. Eine Verjährung kommt nicht in Betracht. Wenn die Erschließungsbeitragssatzung – wie hier ... – die Kostenspaltung nicht zwingend vorschreibt, sondern nur zulässt („kann“), entstehen die Beitragspflichten für die von der Kostenspaltung erfassten Teile nämlich (frühestens) erst mit dem Ausspruch der Kostenspaltung; vorher kann die Verjährung nicht beginnen.“

 

Kein schutzwürdiges Vertrauen auf die frühere Grundstückssituation:

„Dass die am ...-weg gelegenen Grundstücke im Zeitpunkt des Grunderwerbs einen anderen (größeren) Umfang hatten als heute, wäre entgegen der Ansicht der Kläger selbst dann unerheblich, wenn damals die Grundvoraussetzungen für eine Kostenspaltung schon vorgelegen haben sollten. Die Frage, welche Grundstücke als „durch die Anlage erschlossen“ nach § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB an der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands zu beteiligen sind, beurteilt sich nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Voll- oder Teilbeitragspflichten nach § 133 Abs. 2 BauGB. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass bei der Entscheidung über eine Teilbeitragserhebung im Wege der Kostenspaltung die frühere Grundsstücksituation berücksichtigt wird, besteht nicht.“

 

 

Unsere Hinweise:

 

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens lesen Sie die Erläuterungen zur Kostenspaltung bei Rdnrn. 500 ff., zu den einzelnen abspaltbaren Teilmaßnahmen bei Rdnrn. 510 ff. sowie zum Ausspruch der Kostenspaltung und zur Handhabung des gemeindlichen Ermessens bei Rdnrn. 520 ff.; die Erläuterungen sowie die einschlägige Rechtsprechung zur oben aufgeworfenen Rechtsfrage finden Sie bei Rdnr. 526 . Ausführungen zum Vertrauensschutz stehen bei Rdnr. 1137.

 


Unsere Tipps für die Praxis:

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