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04.10.2012

Grünstreifen als Zwischengrundstück

Ein zwischen der Straße und einem Grundstück gelegener Grünstreifen wirft Fragen auf.

Der Grundsatz:

 

Ein zwischen der Straße und einem Grundstück gelegener Grünstreifen wirft Fragen auf. So mag die Gemeinde daran denken, den Grünstreifen als Bestandteil der Straße mit zu widmen und damit den Streifen zum rechtlichen Bestandteil der Straße zu machen. In diesem Fall wird aus dem daneben liegenden Grundstück ein Anlieger. Belässt die Gemeinde den Grünstreifen aber rechtlich außerhalb der Straße, so handelt es sich bei dem daneben liegenden Grundstück um einen Hinterlieger – mit der nicht immer leichten Fragestellung, ob der Hinterlieger zum Kreis der erschlossenen Grundstücke gehört (s. hierzu Matloch/Wiens Rdnrn. 851 ff.). Einen solchen Fall stellen wir hier vor.

 

 

Der Fall:

 

Eine zum Beitrag herangezogene Grundstückseigentümerin erhob wegen des für ihr Grundstück festgesetzten Beitrags Klage und trug vor, der Beitrag sei zu hoch, weil die Gemeinde ein anderes Grundstück (das Grundstück des im Verwaltungsprozess Beigeladenen), das an einen solchen Grünstreifen angrenzte, zum Kreis der erschlossenen Grundstücke hätte zählen müssen. Dies hätte zu geringeren Beiträgen für die anderen erschlossenen Grundstücke geführt, also auch sie entlastet. Im Verwaltungsprozess erwiderte die beklagte Gemeinde, der Grünstreifen sei von der straßenrechtlichen Widmung nicht umfasst. Das bezeichnete Grundstück nehme als nicht erschlossener Hinterlieger nicht an der Aufwandsverteilung teil. Dem widersprach die Klägerin mit dem Argument, das dahinter liegende Grundstück sei von der Erschließungsanlage her problemlos erreichbar. Das Anliegergrundstück (der Grünstreifen) sei der Öffentlichkeit nämlich faktisch zur Verfügung gestellt worden. Die Widmung sei also konkludent erfolgt, was nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genüge.

 

 

Die obergerichtliche Entscheidung:

 

„Entgegen der Auffassung der Klägerseite ... bestehen... keine greifbaren Anhaltspunkte, dass das Anliegergrundstück vom Beklagten „faktisch“ oder „konkludent“ durch Zurverfügungstellung für die Öffentlichkeit als Grünfläche gewidmet worden ist. Zwar kann eine Widmung in bestimmten Fällen auch konkludent, also durch schlüssiges Verhalten der zuständigen Behörde erfolgen. Dabei reicht jedoch bloßes behördliches Dulden oder Geschehenlassen etwa dergestalt nicht aus, dass Anlieger oder Passanten ein Gelände überqueren dürfen. Dass das Anliegergrundstück nicht eingezäunt und bis auf die teilweise dichte Bepflanzung frei zugänglich ist, lässt nicht auf eine Gebrauchsübergabe an die Öffentlichkeit („Indienststellung“) schließen... . Maßgeblich ist die Erkennbarkeit des Behördenwillens, dass das Grundstück einem bestimmten öffentlichen Zweck dienen soll. Für den Fall, dass es – wie hier – an einer eindeutigen Erklärung fehlt, hat die Rechtsprechung einen derartigen Erklärungswillen aus Indizien abgeleitet (vgl. BVerwG vom 27.2.2002 – 8 C 1.01BVerwGE 116, 67/69, 70). Derartige Indizien sind jedoch weder dem Zulassungsantrag noch den Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu entnehmen. Weder reicht hierfür die Tatsache, dass es sich um „Eigentum der öffentlichen Hand“ handelt noch ein bloßes Dulden des Zugangs durch die Behörde. ...  Da das Grundstück des Beigeladenen anderweitig ... „erschlossen“ ist, ergibt sich auch unter dem Gesichtspunkt des Anliegergebrauchs nichts anderes. Selbst wenn man gleichwohl von einer konkludenten Widmung des Anliegergrundstücks ausgehen würde, ließe sich daraus dennoch nicht auf eine Beitragspflicht des Hinterliegergrundstücks des Beigeladenen schließen. Denn zum Einen würde, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, eine solche Widmung nicht den Zugang zu dem Hinterliegergrundstück umfassen; zum anderen könnte sie schon wegen ihrer grundsätzlich uneingeschränkten Widerruflichkeit die beitragsrechtlich erforderliche „hinreichende“ rechtliche Sicherheit nicht ohne Weiteres vermitteln. Das Verwaltungsgericht ist somit zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass vom Grundstück des Beigeladenen keine hinreichend gesicherte rechtliche Zugangsmöglichkeit über das Anliegergrundstück zur ausgebauten Anlage und deshalb auch keine Beitragspflicht besteht.“

 

 

Unsere Hinweise:

 

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie die Erläuterungen zum Erschlossensein von Hinterliegergrundstücken bei Rdnrn. 851 ff. (Erschließungsbeitragsrecht) und  2163 (Straßenausbaubeitragsrecht); zum Grünstreifen als Erschließungshindernis s. Rdnr. 829.

 


Unsere Tipps für die Praxis:

Exklusiv für die Bezieher des Matloch/Wiens Erschliessungsbeitragsrechts. Die Tipps für die Praxis tragen dazu bei, die schwierige Materie in den Alltag zu integrieren.

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