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30.04.2016

Gewerbezuschlag für kulturelle Nutzung ?

Sowohl im Erschließungs- wie auch im Straßenausbaubeitragsrecht sind bei der Verteilung des beitragsfähigen Aufwands die Art und das Maß der Nutzung zu berücksichtigen.

Der Grundsatz:

Der beitragsfähige Erschließungsaufwand für die erstmalige Herstellung einer Straße ist gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Vergleichbares gilt für das Straßenausbaubeitragsrecht – z.B. gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG (Bayern) werden Beiträge von denjenigen Grundstückseigentümern (bzw. Erbbauberechtigten) erhoben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung besondere Vorteile bietet. Sowohl im Erschließungs- wie auch im Straßenausbaubeitragsrecht sind bei der Verteilung des beitragsfähigen Aufwands die Art und das Maß der Nutzung zu berücksichtigen; die gemeindlichen Beitragssatzungen sehen zur Berücksichtigung einer gewerblichen Nutzung einen sog. Gewerbezuschlag, der auch Artzuschlag genannt wird, vor. Dessen Höhe steht im Ermessen der Gemeinde; in Bayern beträgt er zumeist 50 %.

                                     

Der Fall:

Eine Gemeinde erhob Beiträge für den Ausbau einer Straße. Eine Beitragspflichtige, die im späteren verwaltungsgerichtlichen Verfahren Beigeladene, wandte sich gegen die Höhe des festgesetzten Beitrags (u.a.) mit dem Argument, die Gemeinde habe für das Grundstück zu Unrecht einen Gewerbezuschlag angesetzt. Hierzu stellte das erstinstanzlich zuständige Verwaltungsgericht fest, das Grundstück werde in einem gewissen Umfang für kulturelle Veranstaltungen und auch gastronomisch genutzt; zusätzlich zu durch­schnittlich 10 bis 15 fest vorausgeplanten Veranstaltungen im Jahr würden private Feiern abgehalten und – allerdings selten – ein Biergarten bewirtschaftet. Die Berücksichtigung des Gewerbezuschlags sei gerechtfertigt.

Die Beitragspflichtige beantragte beim Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung (u.a.) mit dem Argument, das Grundstück werde nur untergeordnet zu kulturellen Zwecken genutzt …

 

Die obergerichtliche Entscheidung:

Der Begriff „Gewerbe“ ist im Beitragsrecht weiter als der entsprechende Begriff im Gewerbe- oder Gewerbesteuerrecht

Entscheidend ist die Intensität der Inanspruchnahme der Straße:

„Die Beigeladene macht geltend, das auf ihrem Grundstück befindliche Gebäude werde nur „an wenigen Tagen“ und zwar „ca. sieben Mal“ im Jahr zu kulturellen Ver­anstaltungen genutzt und dürfe deshalb, wie etwa eine Kirche, nicht mit einem Gewerbezuschlag veranschlagt werden. Damit übergeht sie die Feststellungen des Verwaltungsgerichts. Dieses ist davon ausgegangen, dass das an einen gemein­nützigen Kulturverein verpachtete Grundstück in weitaus größerem Umfang für kultu­relle Veranstaltungen und auch gastronomisch genutzt wird. Zusätzlich zu durch­schnittlich 10 bis 15 fest vorausgeplanten Veranstaltungen im Jahr würden private Feiern abgehalten und – allerdings selten – ein Biergarten bewirtschaftet. In diesem von der Beigeladenen nicht substantiiert bestrittenen Umfang handelt es sich um eine durch­aus beachtliche Nutzung, die mit dem Verwaltungsgericht als gewerblich anzusehen ist. Denn der Begriff „Gewerbe“ im Sinne der Artzuschlagsregelung ist weiter als der entsprechende Begriff im Gewerbe- oder Gewerbesteuerrecht. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des … Differenzierungsgebots, das eine stärkere Belastung derjenigen Grundstücke fordert, die etwa im Vergleich zu Grundstücken, die der Wohnnutzung vorbehalten sind, erfahrungs­gemäß eine intensivere Inanspruchnahme der Straße auslösen. Deshalb sind außer den Grundstücken, die „typische“ gewerbliche (und industrielle) Bauten aufweisen, auch solche Grundstücke im Sinn der Artzuschlagsregelung „gewerblich genutzt“, auf denen eine Tätigkeit ausgeübt wird, die typischerweise auf einen Besucherverkehr abstellt und deshalb eine intensivere Inanspruchnahme einer Orts­straße verursacht).“

 

Unsere Hinweise:

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie die Erläuterungen zur Berücksichtigung der Nutzungsart bei der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands bei Rdnrn. 920 ff.; die entsprechenden Erläuterungen zum Straßenausbaubeitragsrecht finden Sie bei Rdnr. 2161.


Unsere Tipps für die Praxis:

Exklusiv für die Bezieher des Matloch/Wiens Erschliessungsbeitragsrechts. Die Tipps für die Praxis tragen dazu bei, die schwierige Materie in den Alltag zu integrieren.

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