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22.04.2013

Beitragsfähigkeit von Kosten für Ausgleichsflächen

Kosten für Ausgleichsmaßnahmen zählen grundsätzlich zum beitragsfähigen Aufwand. Aber…

Der Fall:

 

Eine Gemeinde rechnete in den beitragsfähigen Aufwand für die erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage (Straße) auch solche Aufwendungen ein, die sie zum Ausgleich für den Eingriff in Natur und Landschaft erbringen musste. Im sich anschließenden Rechtsmittelverfahren kam das von einem Beitragspflichtigen gegen die Beitragsfestsetzung angerufene Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung zu dem Schluss, dass die Aufwendungen für die im Bebauungsplan festgesetzten Ausgleichsflächen vorliegend nicht zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand für die erstmalige Herstellung der Straße zählen. Denn die beklagte Gemeinde habe dem Eingriff in die Natur, der mit dem Ausbau der Erschließungsanlage verbunden sei, weder eine konkrete Ausgleichsmaßnahme im Bebauungsplan zugeordnet noch sonstige Kriterien festgelegt, mit deren Anwendbarkeit Kosten von Ausgleichsflächen der genannten Straße hätten zugeordnet werden können.

Die unterlegene Gemeinde beantragte daraufhin die Zulassung der Berufung und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, die Kosten der Ausgleichsmaßnahmen seien für die Verkehrsflächen und für die Wohnbauflächen im Form eines Sammelausgleichs zugeordnet. Der Anteil der Kosten für die Straße sei ermittelbar; es gebe zahlreiche Konstellationen, in denen eine cent-genaue Zuordnung praktisch unmöglich sei, ohne dass sich deshalb der Schluss rechtfertige, die Gemeinde könne den entstandenen Aufwand überhaupt nicht geltend machen. Das erstinstanzliche Urteil sei aufzuheben.

 

 

Die obergerichtliche Entscheidung:

 

„Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Aufwendungen für die im Bebauungsplan festgesetzten Ausgleichsflächen vorliegend mangels wirklichkeitsgerechter Kostenermittlung nicht zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand (§§ 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 130 Abs. 1 BauGB) für die erstmalige Herstellung der ...-Straße zählen. Denn die Beklagte habe dem Eingriff in die Natur, der mit dem Ausbau der Erschließungsanlage verbunden sei, weder eine konkrete Ausgleichsmaßnahme im Bebauungsplan gemäߧ 9 Abs. 1a BauGB zugeordnet noch sonstige Kriterien festgelegt, mit deren Anwendbarkeit Kosten von Ausgleichsflächen der genannten Straße hätten zugeordnet werden können.“

 

Kosten für Ausgleichsmaßnahmen zählen grundsätzlich zum beitragsfähigen Aufwand:

„Grundsätzlich rechnen zwar auch Aufwendungen, die die Gemeinde zum Ausgleich für den Eingriff in Natur und Landschaft erbringen muss, zu den Kosten der erstmaligen Herstellung der Erschließungsanlage im Sinne des § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB, weil diese rechtlich ohne Kompensation des Eingriffs in Natur und Landschaft nicht gebaut werden darf. Regelmäßig werden die Ausgleichsflächen nach den §§ 1a Abs. 3 und 9 Abs. 1a BauGB an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs festgesetzt. Da nach Maßgabe der §§ 127 ff. BauGB der Gemeinde ausschließlich die ihr tatsächlichen entstandenen Kosten für die Erschließungsanlage erstattet werden können, können die Kosten für die Ausgleichsmaßnahmen aber nur dann als Herstellungskosten in Ansatz gebracht werden, wenn sie in erkennbarer Weise einer bestimmten Erschließungsanlage zugeordnet werden können. Das trifft insbesondere zu, wenn eine konkrete Ausgleichsmaßnahme durch die Festsetzung im Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 1a BauGB der in Rede stehenden Straße zugeordnet ist. In einem solchen Fall sind Art und Umfang der Ausgleichsmaßnahme bekannt; deshalb kann auch der entsprechende Aufwand ermittelt werden. ... „

 

Es fehlt die konkrete Zuordnung der Kosten zu der Erschließungsanlage:

„Eine derartige Zuordnung ist vorliegend im hier maßgebenden Bebauungsplan ... nicht festgesetzt. In Nr. ... der textlichen Festsetzungen werden Ausgleichsflächen vielmehr ohne jegliche Differenzierung sämtlichen Wohnbaugrundstücken und allen zusätzlichen öffentlichen und privaten Verkehrsflächen im Plangebiet zugeordnet. Das genügt nicht den oben dargestellten Anforderungen. Auf diese Weise lässt sich der tatsächliche Aufwand nicht hinreichend konkret ermitteln, welcher für die Ausgleichmaßnahmen für die Realisierung der Erschließungsanlage angefallen ist.

Auch der Bebauungsplanbegründung lässt sich vorliegend keine konkrete Zuordnung der Ausgleichsmaßnahmen zur Erschließungsanlage entnehmen. Die von der Beklagten erfolgte Kostenermittlung im Wege der Verteilung angemessener Anteile entspricht nicht der erforderlichen präzisen Zuordnung der Kosten zur hier in Rede stehenden Erschließungsanlage.“

 

Kein Sammelausgleich:

„Der dagegen von der Beklagten im Wesentlichen vorgetragenen Einwand, die Kosten der Ausgleichsmaßnahmen seien für die Verkehrsflächen und für die Wohnbauflächen im Form eines Sammelausgleichs zugeordnet, verfängt nicht. Das Verwaltungsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine dem Erschließungsbeitragsrecht fremde Verfahrensweise handele, die sich an die schon aus gesetzessystematischen Gründen im Erschließungsbeitragsrecht nicht einschlägigen Kostenerstattungsregelungen nach den §§ 135a bis 135c BauGB anlehne.“

 

Keine Kostenschätzung:

„Soweit die Beklagte darauf verweist, dass es zahlreiche Konstellationen gebe, in denen eine cent-genaue Zuordnung praktisch unmöglich sei, ohne dass sich deshalb der Schluss rechtfertige, die Gemeinde könne den entstandenen Aufwand überhaupt nicht geltend machen, ist ihr entgegen zu halten, dass der tatsächliche Aufwand für die Ausgleichsmaßnahmen nach den obigen Ausführungen (d.h. bei entsprechender Zuordnung im Bebauungsplan oder in dessen Begründung) gleichwohl konkret ermittelt werden kann, ohne dass damit ein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand verbunden wäre.“

 

Keine Kostenzuordnung nach Wertigkeitsgesichtspunkten:

„Entgegen dem Vorbringen der Beklagten lässt sich im Erschließungsbeitragsrecht eine Zuordnung der Kosten für die Ausgleichsmaßnahme der Straße auch nicht unter Berücksichtigung der Wertigkeit des Eingriffs in Natur und Landschaft vornehmen, da derartige Biotopwertpunkte nicht anlagebezogen (d.h. hier: nicht straßenbezogen) sind. Im Erschließungsbeitragsrecht sind Kosten jedoch nur dann berücksichtigungsfähig, wenn sie der Gemeinde für die Durchführung einer der in § 128 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 BauGB genannten Maßnahmen tatsächlich in dieser Höhe nachweisbar entstanden, d.h. die für die Durchführung einer solchen Maßnahme an einer bestimmten Erschließungsanlage hinreichend eindeutig feststellbar angefallen sind.“

 

 

Unsere Hinweise:

 

Die Daten der noch unveröffentlichten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie die Erläuterungen zur Beitragsfähigkeit von Kosten für Ausgleichsmaßnahmen bei Rdnr. 192a. Die Entscheidung wurde mit der jüngst erschienenen 49. Ergänzungslieferung in Ihren Matloch/Wiens bereits eingearbeitet.


Unsere Tipps für die Praxis:

Exklusiv für die Bezieher des Matloch/Wiens Erschliessungsbeitragsrechts. Die Tipps für die Praxis tragen dazu bei, die schwierige Materie in den Alltag zu integrieren.

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