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22.01.2015

Bedeutung des Bauprogramms für das Entstehen der Beitragspflicht

Die vorgestellte Entscheidung des SächsOVG macht die besondere Bedeutung des Bauprogramms deutlich.

Der Grundsatz:

Die Beitragspflicht entsteht gemäß § 133 Abs. 2 BauGB mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage. Endgültig hergestellt ist die Erschließungsanlage dann, wenn die in der gemeindlichen Erschließungsbeitragssatzung festgelegten Merkmale der endgültigen Herstellung erfüllt sind. Neben diese Merkmale tritt ein auf die konkrete Anlage bezogenes (technisches) Bauprogramm. Mit diesem bestimmt die Gemeinde die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Baumaßnahme, also all das, was im Einzelfall für die Herstellung, den Ausbau oder Umbau sowie für die Erneuerung der Einrichtung erforderlich ist, welche flächenmäßigen Teileinrichtungen in welchem Umfang die gesamt Breite der jeweiligen Straße in Anspruch nehmen sollen.

                                             

Der Fall:

Die Gemeinde erhob Erschließungsbeiträge für eine Straße. Das Bauprogramm war jedoch nicht ausdrücklich vom Gemeinderat oder einem beschließenden Ausschuss beschlossen worden. Es gab lediglich eine auf einer Ausschreibung beruhende Vergabe sowie eine von einem beschließenden Gemeinderatsausschuss beschlossene Leistungsbeschreibung, in der aber weder die Straßenentwässerung noch die Trag- und Frostschutzschichten enthalten waren.

Für die Gerichte stellte sich die Frage, ob die Beitragspflicht für die Straße entstehen konnte.

 

Die obergerichtliche Entscheidung

Die Bedeutung des Bauprogramms:

„Fertig gestellt ist eine Verkehrsanlage, wenn sie nach der Planungskonzeption der Gemeinde vollständig hergestellt ist, d. h. den von der Gemeinde festgelegten Ausbaustandard erreicht hat. Die Herstellungsmerkmale und der Endausbauzustand können von der Gemeinde nach ihrem Ermessen festgelegt werden. Dies geschieht, sofern satzungsrechtliche Regelungen - wie hier - fehlen, durch ein Bauprogramm. Ohne ein solches Bauprogramm kann weder festgestellt werden, wann die Verkehrsanlage … fertiggestellt wurde, noch welcher Aufwand … beitragsfähig ist (…). Das Bauprogramm kann vom Gemeinderat oder von einem beschließenden Ausschuss ausdrücklich beschlossen werden. Der Umfang des Bauprogramms kann sich aber auch sinngemäß aus abgeschlossenen Verträgen oder Vergabebeschlüssen auf der Grundlage von Ausbauplänen ergeben, sofern diese von dem zuständigen Selbstverwaltungsgremium gebilligt worden sind …).“

Die Eventualpositionen:

„Ein solches Bauprogramm muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Diese Bestimmtheit ist nicht mehr gewahrt, wenn ein Bauprogramm Eventualpositionen enthält (…). Bei der Aufnahme von Eventualpositionen ist nicht klar, ob es zur Fertigstellung der Verkehrsanlage der in der Eventualposition bezeichneten Leistung bedarf oder nicht. Aus den Eventualpositionen geht auch nicht hervor, ob die mit ihnen bezeichneten Kosten tatsächlich anfallen. Damit bleibt auch die Höhe des beitragsfähigen Aufwandes unklar.“

Der gemeindliche Beschluss:

„Im vorliegenden Fall hat weder der Gemeinderat noch sein Technischer Ausschuss ausdrücklich ein Bauprogramm beschlossen. Allerdings hat der beschließende Technische Ausschuss am … die Vergabe der Bauleistungen C beschlossen und diese Leistungsbeschreibung damit konkludent gebilligt. Bei hinreichender Bestimmtheit könnte deshalb dieser Leistungsbeschreibung das Bauprogramm entnommen werden.“

Das beitragsrechtliche Ergebnis:

„Die Leistungsbeschreibung ist aber wegen der Aufnahme von Eventualpositionen nicht hinreichend bestimmt. Nach der Leistungsbeschreibung bleibt offen, ob zur Fertigstellung der Verkehrsanlage die Trag- und Frostschutzschichten aufzunehmen und eine Straßenentwässerung mit den entsprechenden Bauteilen herzustellen ist. Eine spätere Konkretisierung durch den Gemeinderat oder den Technischen Ausschuss ist nicht erfolgt.“

 

Unsere Hinweise:

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie die einschlägigen Erläuterungen – Grundsätzliches zur Bedeutung des Bauprogramms bei Rdnr. 413, zur Bedeutung des Bauprogramms für die Rechtmäßigkeit der Herstellung bei Rdnr. 66, zu den Auswirkungen einer Änderung des Bauprogramms bei Rdnr. 201, zur besonderen Bedeutung des Bauprogramms bei der Erhebung von Vorausleistungen bei Rdnrn. 701 und 1430 sowie zur Aufnahme von Eventualpositionen in das Bauprogramm bei Rdnr. 603.


Unsere Tipps für die Praxis:

Exklusiv für die Bezieher des Matloch/Wiens Erschliessungsbeitragsrechts. Die Tipps für die Praxis tragen dazu bei, die schwierige Materie in den Alltag zu integrieren.

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