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06.09.2016

2015-3-19_Verhältnis von Teilstreckenausbau und Abschnittsbildung

Ist ein Teilstreckenausbau eines gebildeten Abschnitts beitragsfähig möglich?

 

Der Fall:

Die Gemeinde hat den von ihr gebildeten Abschnitt der B.-Straße vom C. Platz bis zum Bahnübergang nicht in seiner gesamten Länge ausgebaut, sondern hat eine etwa 140 m lange Reststrecke mit Blick auf eine später beabsichtigte Untertunnelung des Bahnübergangs außen vor gelassen. Diese Reststrecke ist unstreitig ebenfalls erneuerungsbedürftig. Nach dem Bauprogramm besteht auch Bedarf für den Ausbau der Reststrecke. Die beabsichtigte Untertunnelung ist nicht in den maßgeblichen Bebauungsplan aufgenommen worden. Das Verwaltungsgericht hat einem Antrag eines Grundstückseigentümers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung stattgegeben. Eine hiergegen eingelegte Beschwerde der Gemeinde blieb erfolglos.

 

Die obergerichtliche Entscheidung:

1. Ein Teilstreckenausbau eines gebildeten Abschnitts ist nicht möglich

Entgegen der Annahme der Gemeinde ist aus dem Senatsurteil vom …) nicht abzuleiten, dass ein beitragsfähiger Teilstreckenausbau eines gebildeten Abschnitts möglich ist. Vielmehr betrifft das Urteil einen Teilstreckenausbau einer öffentlichen Einrichtung. Der Senat hat darin den Grundsatz betont, dass Straßenausbaubeiträge nur erhoben werden dürfen, wenn der Beitragstatbestand auf der gesamten Länge der ausgebauten Straße bzw. Teileinrichtung oder des etwa gebildeten Abschnitts verwirklicht worden ist. Er hat dies mit Gesichtspunkten der Rechtssicherheit (Bauprogramme sind änderbar und häufig schwer feststellbar) und der Vorteilsgerechtigkeit (alle Anlieger sollen gleiche Vorteile haben) begründet. Ein Ausbau auf ganzer Länge ist nach dem Urteil im Einzelfall dann nicht geboten, wenn die durchgehende Anlegung einer Teileinrichtung aus tatsächlichen Gründen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgeschlossen erscheint oder wenn für die durchgehende Anlegung einer Teileinrichtung aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Bedürfnis besteht. Weiter heißt es in dem Urteil:

„Unter die letztgenannte Fallgruppe lassen sich … auch diejenigen Fälle subsumieren, in denen die Verwirklichung eines Beitragstatbestandes (z. B. einer Erneuerung) nur in einem Teilbereich notwendig ist, eine Abschnittsbildung aber nicht in Betracht kommt; in solchen Fällen sprechen die Erneuerungsbedürftigkeit einerseits und das Gebot einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung andererseits dafür, die Beitragsfähigkeit der auf einer Teilstrecke durchgeführten Erneuerungsmaßnahme anzuerkennen, sofern die Ausbaustrecke innerhalb der öffentlichen Einrichtung einen nicht nur untergeordneten Teilbereich erfasst und die Gemeinde sowohl die Notwendigkeit eines nur teilweisen Ausbaus als auch Umfang sowie Beendigung der Baumaßnahmen deutlich macht.“

2. Ein beitragsfähiger Teilstreckenausbau kommt nur dann in Betracht, wenn eine Abschnittsbildung ausgeschlossen ist.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass ein unter den genannten Voraussetzungen ausnahmsweise beitragsfähiger Teilstreckenausbau einer öffentlichen Einrichtung als „Notinstitut“ nur dann in Betracht kommt, wenn eine Abschnittsbildung ausgeschlossen ist. Eine Abschnittsbildung ist das vorrangige Vorfinanzierungsinstrument, wenn die Erneuerung einer öffentlichen Einrichtung - wie hier - nicht in einem Zuge, sondern in mehreren Etappen (Teilstrecken) verwirklich werden soll. In die Verteilung des umlagefähigen Aufwands für den jeweiligen Abschnitt sind alle Grundstücke einzubeziehen, denen eine hinreichend gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit des betreffenden Abschnitts geboten wird. Demgegenüber nehmen bei einem nur ausnahmsweise beitragsfähigen Teilstreckenausbau einer öffentlichen Einrichtung alle Grundstücke an der Aufwandsverteilung teil, denen die öffentliche Einrichtung (und nicht nur die ausgebaute Teilstrecke) eine solche Inanspruchnahmemöglichkeit vermittelt. Der Tatbestand eines beitragsfähigen Teilstreckenausbaus ist nicht erfüllt, wenn eine Gemeinde meint, der Ausbau einer in der Sache ebenfalls ausbaubedürftigen weiteren Teilstrecke könne - aus welchen Gründen auch immer - noch um einige Jahre verschoben werden; in einem solchen Fall kommt ausschließlich eine Abrechnung im Wege einer Abschnittsbildung in Betracht (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 33 Rn. 55).

Beabsichtigt eine Gemeinde - wie hier - den Ausbau der gesamten öffentlichen Einrichtung und hat sie zunächst bis zu dem örtlich erkennbaren Merkmal eines Bahnübergangs wirksam einen Abschnitt gebildet, so setzt die Abrechnung dieses Abschnitts voraus, dass er auf seiner gesamten Länge ausgebaut worden ist. Ist eine spätere Absenkung einer ebenfalls erneuerungsbedürftigen Teilstrecke der Straße innerhalb eines gebildeten Abschnitts zwecks Untertunnelung des in dem Abschnitt befindlichen Bahnübergangs beabsichtigt, so kann der gebildete Abschnitt erst dann abgerechnet werden, wenn die teilweise Straßenabsenkung vollzogen und die Straße in diesem Bereich ebenfalls ausgebaut worden ist. Ist der Zeitpunkt des Baus der Untertunnelung noch nicht konkret absehbar, steht es der Gemeinde frei, einen kürzeren Abschnitt unter Ausschluss des Bereichs der geplanten Untertunnelung zu bilden und diesen abzurechnen, wenn er auf gesamter Länge ausgebaut worden ist. Einen entsprechenden Abschnitt hätte die Antragsgegnerin z.B. vom C. Platz bis zu der in die B. einmündenden Kirchstraße bilden und abrechnen können

 

Weiterleitende Hinweise:

Die Daten der obergerichtlichen Entscheidung finden Sie in den Tipps für die Praxis. In IhremMatloch/Wiens finden Sie Erläuterungen zur Abschnittsbildung und zum Teilstreckenausbau unter RdNrn 2151 und 2152

 


Unsere Tipps für die Praxis:

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