Ein Beitragspflichtiger wehrte sich gegen die Vollstreckung der bis dahin nicht bezahlten Beitragsforderung. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, der Beitragsbescheid sei ihm nicht bekannt gegeben worden. Daher sei die Frist zur Ergreifung von Rechtsbehelfen noch gar nicht abgelaufen; der Bescheid sei in der Sache rechtswidrig.
Er stellte deshalb einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel des Erlasses einer Anordnung zur Aussetzung der Vollziehung der Forderung.
„Im Hinblick auf den Vortrag des Antragstellers, der Festsetzungsbescheid vom 1. April 2021 sei ihm nicht bekanntgegeben worden, ist darauf hinzuweisen, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einfaches Bestreiten zwar grundsätzlich ausreicht, um Zweifel am Zugang eines Verwaltungsakts im Sinne des § 41 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 VwVfG darzulegen (BVerwG, Urt. v. 29.11.2023 – 6 C 3/22 –, juris Rn. 19, 24), so dass … im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht ohne weiteres vom Ablauf der Rechtsbehelfsfrist und einem Eintritt der Bestandskraft des Festsetzungsbescheides ausgegangen werden kann. …“
„Der Senat hat jedoch bereits entschieden, dass auch dann, wenn ein Antrag auf einstweilige Anordnung mit der Behauptung begründet wird, der – dem Antragsteller im gerichtlichen Verfahren inzwischen zur Kenntnis gelangte – …bescheid sei nicht zugegangen, eine Folgenabwägung mit dem Ergebnis, den Rechtsschutzantrag abzulehnen, vorgenommen werden kann (…). Die prozessrechtliche Lage stellt sich im Hinblick auf die abzuwägenden Interessen insoweit nicht anders dar, als wenn der den Zugang des zu vollstreckenden …bescheides bestreitende Antragsteller den Bescheid angefochten und dessen vorläufigen Vollzug hätte verhindern wollen, indem er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs dagegen gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO beantragt. Für diesen Fall der Erhebung öffentlicher Abgaben i.S.d. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO wäre die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nur anzuordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Abgabenbescheids bestehen oder dessen Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Ist der Erfolg in der Hauptsache somit - wie hier (s.o. sowie Gliederungspunkt c.) - als offen einzuschätzen, könnte der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nur Erfolg haben, wenn die Vollziehung des Beitragsbescheides für den Beitragsschuldner eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Das gilt unabhängig vom zugrundegelegten Maßstab für das Bestehen ernstlicher Zweifel bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1; Abs. 4 Satz 3, 1. Alt. VwGO; s. einerseits BVerwG, Beschl. v. 3.7.1981 – 8 C 83.81 –, BeckRS 1981, 31249755, sowie Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 13.3.1997 – 1 M 4892/96 –, NVwZ-RR 1998, 582f. u. Beschl. v. 13.1.1989 - 9 M 1/89 –, NVwZ-RR 1989, 328; andererseits zur Gegenauffassung m. zahlr. Nachweisen Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 80 Rn. 65ff., und Schoch/Schneider, VwGO, Loseblatt, Stand: März 2023, § 80 Rn. 125ff., 128), weil bei der vorläufigen (Voraus-) Zahlung öffentlicher Abgaben im Falle eines späteren Erfolgs in der Hauptsache angesichts des fehlenden Konkursrisikos und der Möglichkeit, Prozesszinsen zu verlangen, in der Regel keine irreparablen Verhältnisse drohen (vgl. Senatsbeschl. v. 19.4.2024 – 8 PA 44/24 –, u. v. 18.6.2024 – 8 ME 25/24 –, beide n.v.; Sächsisches OVG, Beschl. v. 14.12.2017 - 5 B 298/17 -, juris Rn. 18).“
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