Wenn ein gewerbliches Grundstück erschlossen ist, dann wird es schnell teuer für den Grundstückseigentümer: Nicht nur, dass die Grundstücke oft groß sind, sie werden über den Gewerbezuschlag noch besonders belastet. Und von einer Eckvergünstigung können sie bei einer Zweiterschließung nur träumen. Also gilt es, das Erschlossensein in Frage zu stellen, wenn man die Beitragsforderung abwenden möchte und ein Verbotsschild für Lkw kommt da dem Kläger gerade recht.
Die Gemeinde stellt die abzurechnende Anlage her und erhebt vom Kläger einen Erschließungsbeitrag in Höhe von fast 200.000 EUR. Der Kläger betreibt einen Gewerbebetrieb und erhält durch die abzurechnende Anlage eine Zweiterschließung, auf die er nicht angewiesen ist. Er geht gegen den Bescheid vor und trägt vor, dass das Verkehrszeichen Nr. 253 – Verbot für Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t –, das in der abzurechnenden Anlage aufgestellt sei, einer Erschließung entgegenstehe, da man ja so nicht mit Lkw auf sein Grundstück fahren könne.
Das Oberverwaltungsgericht konnte dieser Argumentation nicht folgen.
Voraussetzungen für das Erschlossensein eines Gewerbegrundstücks:
„Erschlossen ist ein Grundstück, wenn ihm die Anlage in erschließungsbeitragsrechtlicher Weise, d.h. in einer auf die bauliche oder vergleichbare Nutzbarkeit der Grundstücke gerichtete Funktion die Zugänglichkeit vermittelt (ständige Rechtsprechung […]). Die Frage des Erschlossenseins eines Grundstücks hängt in erster Linie davon ab, welche Anforderungen an die Form der Erreichbarkeit zu stellen sind. Dies wird wesentlich vom Bebauungsrecht bestimmt. Fehlen – wie hier – besondere planerische Festsetzungen richten sich die bebauungsrechtlichen Erreichbarkeitsanforderungen für Grundstücke in beplanten wie unbeplanten Gebieten im Grundsatz nach dem jeweiligen (festgesetzten oder faktischen) Gebietscharakter. Während in Wohngebieten das Heranfahrenkönnen, unter Umständen bereits die bloße Zugänglichkeit genügt, sind Grundstücke [in] Gewerbegebieten und Industriegebieten in der Regel nur erschlossen, wenn die Anbaustraße darüber hinaus die Möglichkeit des Herauffahrens mit Lastkraftwagen eröffnet. Dazu ist nicht erforderlich, dass Fahrzeuge beliebigen Ausmaßes und Gewichts über die volle Länge des Grundstücks oder aus jeder Richtung auf das Grundstück herauffahren können, selbst wenn deren Verwendung für das tatsächlich ausgeübte Gewerbe kennzeichnend wäre; es reicht vielmehr aus, dass die Voraussetzungen für (irgend)eine gewerbliche Ausnutzung des Grundstücks gegeben sind […].“
Es kommt nicht auf das Vorhandensein einer Zufahrt an, sondern auf die Möglichkeit, Zufahrt zu nehmen.
„Dabei kommt es […] nicht darauf an, ob eine Zufahrt tatsächlich existent ist; vielmehr ist entscheidend, ob im maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflichten die (abstrakte) rechtliche und tatsächliche Möglichkeit besteht, von der Anbaustraße eine Zufahrt zu nehmen. Das ist hier der Fall.“
Verkehrsschild hindert hier das Erschlossensein nicht.
„Dabei kann dahinstehen, ob allein das – jederzeit abänderbare – verkehrsrechtliche Verbot für Kraftfahrzeuge über 3,5 t (Verkehrszeichens 253) überhaupt ein erschließungsbeitragsrechtlich beachtliches Erschließungshindernis darstellen kann. Selbst wenn es als rechtliches Erschließungshindernis anzusehen wäre, so [gilt], dass jedenfalls das etwa 10 m lange Teilstück [bis zum] Anbringungsort des Verkehrszeichens aufgrund seiner Breite dem klägerischen Grundstück die bebauungsrechtlich erforderliche Erschließung in Gestalt des Herauffahrenkönnens mit Lastkraftwagen vermittelt. […] Selbst wenn diese Möglichkeit des Herauffahrens durch mehr oder weniger zufällige Umstände, wie einen geeigneten Standort des Verkehrszeichens, eröffnet worden sein sollte, so ändert das nichts an der rechtlichen wie tatsächlichen Möglichkeit, [von der abzurechnenden Anlage] aus mit Lastkraftwagen auf das klägerische Grundstück heraufzufahren.“
Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie die Erläuterungen zum Erschlossensein von Gewerbegrundstücken in Rdnr. 827.
Exklusiv für die Bezieher des Matloch/Wiens Erschliessungsbeitragsrechts. Die Tipps für die Praxis tragen dazu bei, die schwierige Materie in den Alltag zu integrieren.
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