Wird der Beitragsbescheid rechtlich gesehen „zu früh“ erlassen, weil die sachliche Beitragspflicht (§ 133 Abs. 2) noch nicht entstanden war, so ist der (zunächst) rechtwidrige Beitragsbescheid grundsätzlich aufzuheben. Mit Blick auf die Beitragserhebungspflicht scheidet eine Aufhebung aber dann aus, wenn der Fehler während des Rechtsmittelverfahrens geheilt wird, indem die Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht noch geschaffen werden.
In unserer Aktualisierung vom 2. Januar 2025 haben wir hierzu die Entscheidung des Bayer. Verwaltungsgerichtshof v. 05.02.2024 – 6 ZB 23.1545 vorgestellt. Sie finden unseren Beitrag unter AKTUELL – Basiswissen:
Der maßgebliche Auszug aus der genannten Entscheidung:
„Denn eine gerichtliche Aufhebung des möglicherweise zu früh und damit rechtswidrig erlassenen, nunmehr aber durch die Rechtslage gedeckten Beitragsbescheids ist dann ausgeschlossen, wenn er umgehend wieder erlassen werden müsste (und könnte), der ursprünglich rechtswidrige Beitragsbescheid im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen mit Wirkung für die Zukunft, also ex nunc, nicht ex tunc – geheilt wird (…).“
Diese Grundsätze sind in bestimmten Fallkonstellationen in Frage zu stellen. Hier kommt der Fall:
Bei Erlass des Beitragsbescheids war dieser rechtswidrig, weil die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des § 125 BauGB nicht erfüllt waren. Dieser Mangel wurde zwar – für sich betrachtet – durch einen nachfolgenden Gemeinderatsbeschluss zur Abwägungsentscheidung nach § 125 Abs. 2 BauGB behoben (s. hierzu in Ihrem Matloch/Wiens Rdnrn. 60 ff.). Was unterscheidet den heute besprochenen Fall von dem vorangegangenen? Seien Sie gespannt.
Rückwirkende Heilung des Bescheids?
Der nachgeholte Gemeinderatsbeschluss hat die Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheids nicht rückwirkend mit der Folge entfallen lassen, dass die Beitragserhebungsausschlussfrist des Art. 5a Abs. 7 Satz2 KAG-Bayern nicht anwendbar wäre. Denn die Nachholung der Abwägungsentscheidung kann nur für die Zukunft wirken. Führt sie zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht (§ 133 Abs. 2 BauGB), entfällt der Anspruch auf gerichtliche Aufhebung des zuvor rechtswidrig erlassenen Beitragsbescheids, denn er müsste umgehend wieder erlassen werden, weil die Gemeinden zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen verpflichtet sind. Insofern wird der ursprünglich rechtswidrige Beitragsbescheid im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc, nicht ex tunc) geheilt. In der vorliegenden Fallgestaltung ist die sachliche Erschließungsbeitragspflicht durch die Nachholung der Abwägungsentscheidung aber gerade nicht mehr entstanden und kann auch nicht mehr entstehen. Denn gemäß der Beitragserhebungsausschlussfrist des Art. 5a Abs. 7 Satz2 KAG-Bayern, die zum Zeitpunkt des an sich heilenden Abwägungsbeschluss des Gemeinderats bereits abgelaufen war, standen der Gemeinde keine Erschließungsbeiträge mehr zu. Der rechtswidrig erlassene Beitragsbescheid ist auch bei Nachholung der Abwägungsentscheidung rechtswidrig geblieben und deshalb aufzuheben.
Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. Die vorgestellte Entscheidung wurde teilweise wörtlich zitiert. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie weitere Erläuterungen bei Rdnr. 1171 .
Exklusiv für die Bezieher des Matloch/Wiens Erschliessungsbeitragsrechts. Die Tipps für die Praxis tragen dazu bei, die schwierige Materie in den Alltag zu integrieren.
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