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10.05.2022

K_2022_05_12_Erschließungsbeitrag: Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz

Der Beitragspflichtige (im gerichtlichen Verfahren: Antragsteller) begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen seine Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für sein Grundstück. Er hat gegen den Beitragsbescheid der Gemeinde (im gerichtlichen Verfahren: Antragsgegnerin) Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. Das Klageverfahren ist derzeit noch anhängig. Daneben hat er beim Verwaltungsgericht beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht abgelehnt und hierzu ausgeführt, der Antragsteller habe keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Gemeinde gestellt. Konkrete Vollstreckungsmaßnahmen durch die Gemeinde hätten im Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht nicht gedroht.

Die obergerichtliche Entscheidung

Der Grundsatz

„§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO bestimmt, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO – also bei der hier in Streit stehenden Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten – nur zulässig ist‚ wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt gemäß § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO nur dann nicht, wenn die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat (Nr. 1) oder eine Vollstreckung droht (Nr. 2).“

Der Antrag nach § 80 Abs. 6 muss zwingend vorab bei der Gemeinde gestellt werden; er kann im gerichtlichen Verfahren nicht nachgeholt werden

„Die Sonderregelung des § 80 Abs. 6 VwGO normiert nicht nur eine bloße Sachentscheidungsvoraussetzung‚ die noch im Laufe des gerichtlichen Eilverfahrens verwirklicht werden könnte‚ sondern eine Zugangsvoraussetzung‚ die nicht nachgeholt werden kann (…). Die vom Gesetzgeber verfolgte Zielrichtung – einerseits Vorrang der verwaltungsinternen Kontrolle und andererseits Entlastung der Gerichte – ist nur zu verwirklichen‚ wenn § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO nicht lediglich als im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nachholbare Sachentscheidungsvoraussetzung interpretiert wird. Dagegen spricht auch nicht‚ dass ein gerichtlicher Eilantrag wegen Nichtvorliegens der behördlichen Entscheidung als unzulässig abgelehnt wird und es danach im Fall einer Ablehnung des Aussetzungsantrags durch die Behörde noch zu einem zweiten gerichtlichen Aussetzungsverfahren kommen kann. Denn nur eine konsequente Handhabung des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO bewirkt, dass die Vorschrift ernst genommen wird und zu der beabsichtigten Entlastung der Gerichte führt (…).

Der Antragsteller hat unstreitig bei der Antragsgegnerin nicht die Aussetzung der Vollziehung des Erschließungsbeitragsbescheids … beantragt, bevor er am … beim Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gestellt hat.“

Eine Antragstellung unmittelbar beim Verwaltungsgericht ist nur unter den Voraussetzungen einer „drohenden Vollstreckung“ zulässig.

„Diese lagen indes, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Zeitpunkt der Antragstellung nicht vor. Insbesondere entfiel das Antragserfordernis bei der Behörde entgegen der Ansicht der Beschwerde auch nicht deshalb, weil dem Antragsteller eine Vollstreckung aus dem Erschließungsbeitragsbescheid gedroht (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO) und seit Erlass des Bescheides die Vollstreckung des Erschließungsbeitrags „wie ein Damoklesschwert über diesem geschwebt“ habe. Eine „drohende Vollstreckung“ im Sinn des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO würde nämlich voraussetzen, dass die Vollstreckung aus dem Bescheid entweder schon begonnen hat, der Beginn der Vollstreckung von der Behörde für einen unmittelbar bevorstehenden Termin angekündigt worden ist oder konkrete Vorbereitungen der Behörde für eine alsbaldige Vollstreckung vorliegen (…). Dies ist etwa der Fall, wenn eine erneute Zahlungsaufforderung mit Androhung der Zwangsvollstreckung ergeht oder eine „letzte Zahlungserinnerung“ mit Zahlungsfrist und dem Hinweis, dass sodann zwangsweise eingezogen wird … In dem Erschließungsbeitragsbescheid … weist die Antragsgegnerin zwar darauf hin, dass der geforderte Beitrag einen Monat nach Zustellung des Bescheides zur Zahlung fällig wird und bittet um Überweisung innerhalb eines Monats auf eines der genannten Konten der Stadtkasse. Der Bescheid enthält aber (noch) keinen Hinweis auf eine unmittelbar bevorstehende Vollstreckung oder konkrete Vorbereitungshandlungen für eine solche.“

Unsere Hinweise

Die Daten der vorgestellten obergerichtlichen Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie ausführliche Erläuterungen zu den Voraussetzungen für die Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes bei Rdnrn. 1150 ff.


Unsere Tipps für die Praxis:

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