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16.08.2019

K_2019-08-19_Straßenrechtliche Widmung: Rückwirkung zulässig?

Der Fall:

 

Die Beitragspflichtige – und spätere - Klägerin wurde von der beklagten Gemeinde im Jahr2016 als Eigentümerin eines der erschlossenen Grundstücke für die erstmalige endgültige Herstellung der Straße zu einem Erschließungsbeitrag herangezogen.

Auf ihre Klage hin hat das Verwaltungsgericht den Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten aus dem Jahr 2016 aufgehoben, weil Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die sachliche Beitragspflicht für die Straße sei bereits im Jahr 2011 entstanden. Gewidmet worden sei die Straße bereits durch die Widmungsverfügung vom 29. April 2009 und nicht erst durch die spätere vom 20. März 2012. Der Erschließungsbeitragsbescheid aus dem Jahr 2016 sei deshalb infolge Festsetzungsverjährung rechtswidrig.

 

Die obergerichtliche Entscheidung:

 

Die Anordnung der Rückwirkung der Widmung ist unzulässig, aber …

„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist eine der Widmung beigefügte Anordnung der Rückwirkung aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit unwirksam (…).“

Die unzulässige Rückwirkungsanordnung führt aber nicht zur Unwirksamkeit der Widmungsverfügung in ihrer Gesamtheit, sondern nur zur Unwirksamkeit der Rückwirkungsanordnung

„Ohne Erfolg bleibt die Rüge, die rückwirkende Anordnung des Wirksamwerdens der Widmungsverfügung vom 29. April 2009 führe zur Nichtigkeit der gesamten Widmung. Zwar enthält diese Widmungsverfügung als Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens das Datum „06.03.2000“. Das Verwaltungsgericht hat jedoch zu Recht entschieden, dass der Umstand, dass die Widmung rückwirkend zum 6. März 2000 verfügt war, nicht zu deren gänzlicher Unwirksamkeit führt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist eine der Widmung beigefügte Anordnung der Rückwirkung aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit unwirksam (…). Allerdings führt die unzulässige Rückwirkungsanordnung entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zur Unwirksamkeit der Widmungsverfügung in ihrer Gesamtheit, sondern nur zur Unwirksamkeit der Rückwirkungsanordnung (…).“

 

Unsere Hinweise:

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis.
Dort finden Sie auch Hinweise auf Rechtsprechung von anderen Gerichten.
In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie die Erläuterungen zur beitragsrechtlichen Bedeutung der straßenrechtlichen Widmung bei Rdnrn. 12 und 418, zur Bedeutung der Widmung für das Entstehen der Beitragspflicht bei Rdnr. 1104.


Unsere Tipps für die Praxis:

Exklusiv für die Bezieher des Matloch/Wiens Erschliessungsbeitragsrechts. Die Tipps für die Praxis tragen dazu bei, die schwierige Materie in den Alltag zu integrieren.

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Die Tipps für die Praxis:

 

Die Daten der vorgestellten Entscheidung:

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 05. Juli 2018 – 6 ZB 18.1054 – juris

 

Unsere Tipps:

Nach der grundlegenden Rechtsprechung des BVerwG ist eine nachträgliche Widmung grundsätzlich zulässig (BVerwG v. 30.01.2018 – 9 B 10.17 – juris; s. Matloch/Wiens Rdnr. 1104); der BayVGH hatte bereits zuvor die Nachholbarkeit der Widmung für zulässig gehalten ( v. 18.05.2016 – 6 ZB 15.2785).

Eine umfassende Entscheidung zu den Fragen einer Rückwirkung der straßenrechtlichen Widmung findet sich auch bei SächsOVG (v. 08.06.2012 – 5 A 455/09 – juris) – wir zitieren:

„Zwar wird die rückwirkende Widmung von Straßen für den öffentlichen Verkehr teilweise für zulässig gehalten, wenn das maßgebliche Landesrecht eine solche Rückwirkung nicht ausdrücklich ausschließt, wie dies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht für § 6 des Niedersächsischen Straßengesetzes entschieden hat (NdsOVG, Urt. v. 23. März 1988 - 9 A 146/86 -, NVwZ 1988, 752 f.). Überwiegend wird dies jedoch selbst dann verneint, wenn das Landesrecht die rückwirkende Verfügung einer Straßenwidmung nicht ausdrücklich ausschließt, weil eine solche Rückwirkung mit den Folgen der Widmung als einer Statusänderung aus Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit unvereinbar sei (BayVGH, Beschl. v. 12.3.2003 - 6 CS 02.2979 -, juris Rn. 12/13; VGH BW, Urt. v. 4. Dezember 1995 - 2 S 1360/94 -, juris Rn. 23 bis 26).

Vorliegend kommt es auf diesen Streit jedoch nicht an, weil bereits das sächsische Landesrecht eine rückwirkende Widmung von Straßen ausschließt, indem es in § 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SächsStrG bestimmt, dass die Widmung einer Straße frühestens im Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung wirksam wird.“


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