Alle Treffer anzeigen
Dieses Fenster schliessen
03.07.2019

Z2_2019-07-08_Härteausgleich im Straßenausbaubeitragrecht

Durch Änderung des Kommunalabgabengesetzes wird in dem durch das Haushaltsgesetz 2019/2020 (GVBl 2019,266,278) neu eingefügten und am 1. Juni 2019 in Kraft getretenen Art. 19a KAG ein Härteausgleich Straßenausbaubeitrag geschaffen (Landtagsdrucksache 18/1552). Zum anteiligen Ausgleich besonderer Härten durch Straßenausbaubeiträge, die nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2017 durch Bescheid, Vergleich oder Vereinbarung, entsprechende Vorausleistung oder entsprechende Ablöse erhoben wurden, wird durch den Freistaat Bayern ein Härtefallfonds errichtet, der einmalig mit 50 Mio. € ausgestattet wird (Art. 19a Abs. 1 KAG). Über die Leistungen aus dem Härtefallfonds wird auf Antrag eine unabhängige und an fachliche Weisungen nicht gebundene Kommission durch Verwaltungsakt entscheiden. Der Kommission gehören fünf Mitglieder an, wobei der Vorsitzende vom Ministerrat und jeweils zwei Mitglieder vom Staatsministerium des Inneren, für Sport und Integration und zwei vom Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie benannt werden. Für die Kommission wird im Geschäftsbereich des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration eine Geschäftsstelle eingerichtet, die im Namen der Kommission tätig wird.

 

Antragstellung

Anträge auf Härteausgleich können nur vom 1. Juli 2019 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2019 gestellt werden. Ist der Bescheid oder die Vereinbarung, durch die eine Zahlungspflicht in Bezug auf eine Straßenbaumaßnahme geschaffen wird, an mehrere Personen gemeinschaftlich gerichtet, können die Adressaten oder die Parteien einen Antrag nur gemeinschaftlich stellen (Art. 19a Abs. 5 KAG).

Anträge können natürliche Personen, Personengesellschaften und juristische Personen des Privatrechts stellen. Ausgenommen sind Personengesellschaften und juristische Personen, bei denen ein überwiegender Einfluss des Staates insbesondere durch eine Mehrheit am Grundkapital oder durch sein Stimmrecht oder durch die rechtlichen oder organisatorischen Verhältnisse besteht. Unter Staat sind der Freistaat Bayern, der Bund, ein ausländischer Staat, die Länder oder andere Gebietskörperschaften oder Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung alleine oder zusammen zu verstehen (Art. 19a Abs. 7 Sätze 1 bis 3 KAG).

Nach Art. 19a Abs. 7 Satz 4 KAG sind nur antragsbefugt,

1. gegen wen durch Bescheid, Vergleich oder Vereinbarung im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2017 Straßenausbaubeiträge, entsprechende Vorauszahlungen oder eine entsprechende Ablöse in Höhe von mindestens 2000 € festgesetzt wurden, soweit die Beiträge nicht erlassen oder anderweitig erstattet worden sind, und

2. wer bei Antragstellung Eigentümer oder beitragspflichtig dinglich Nutzungsberechtigter des Grundstücks ist, auf das die Belastung zurückgeht, und

3. wer im Jahr der Festsetzung der Belastung über ein zu versteuerndes Einkommen von nicht mehr als 100 000 €, bei Zusammenveranlagung von Ehegatten oder Lebenspartnern nicht mehr als 200 000 € verfügte.

Das zu versteuernde Einkommen richtet sich nach Wahl der Antragsteller entweder nach dem im Zeitpunkt der Antragstellung gültigen Steuerbescheid des Jahres des Bescheiderlasses oder der Vereinbarung oder nach dem Mittelwert der durch im Zeitpunkt der Antragstellung gültigen Steuerbescheide belegten Einkommen aus einem Dreijahreszeitraum, dessen letztes Jahr dem Jahr des Bescheiderlasses oder der Vereinbarung entspricht. Sofern für den maßgeblichen Zeitraum eine Befreiung von der Abgabe einer Einkommenssteuererklärung besteht, sind dem Antrag geeignete Unterlagen beizufügen, aus denen sich das zu versteuernde Einkommen ergibt. Ist der Bescheid oder die Vereinbarung, durch die eine Zahlungspflicht in Bezug auf eine Straßenbaumaßnahme geschaffen wird, an mehrere Personen gemeinschaftlich oder an eine Personengesellschaft gerichtet, so bestimmt sich die Einkommensgrenze aus der Summe der einzelnen Einkommensgrenzen und das relevante Einkommen aus der Summe der entsprechend Art. 19a Abs. 7 Sätze 5 und 6 KAG ermittelten Einkommen der einzelnen Personen oder Gesellschafter (Art. 19a Abs. 7 Sätze 5 bis 7 KAG).

 

Ausgleichsfähige Härte

Eine ausgleichsfähige Härte liegt nur vor, soweit die Belastung dem Betroffenen unter Berücksichtigung insbesondere systemischer Härten, der zeitlichen Nähe der Bekanntgabe des Beitragsbescheids zum 31. Dezember 2017 (Stichtag des Art. 19 Abs. 7 Satz 1 KAG), der Einkommensverhältnisse und der Höhe des Beitrags nicht zugemutet werden kann. Der Kommission kommt hinsichtlich des Vorliegens einer Härte sowie deren Gewichtung ein freier Beurteilungsspielraum zu. Sie hat sich dabei insbesondere an den vorgegeben Kriterien zu orientieren, die  für die Beurteilung der Belastung relevanten Parameter abstecken, kann aber bei der Einzelfallbetrachtung auch weitere Umstände des individuellen Falls in die Gesamtschau einbeziehen. Dabei kommen insbesondere auch das Gesamtvolumen der gestellten Anträge und die Art der Belastungen, die den übrigen zulässigen Anträgen über die Gewährung eines Härteausgleichs zugrunde liegen, in Frage.

 

Eigenbelastung von 2000 €

Ein Härteausgleich kann maximal in Höhe der geleisteten Beiträge abzüglich einer Eigenbelastung von 2000 € erfolgen. Daraus folgt, dass eine gleichmäßige Eigenbelastung bis 2000 € erfolgt. Lag der festgesetzte Beitrag unter 2000 € fehlt es an der Antragsbefugnis, lag er darüber sind 2000 € als Eigenbelastung abzuziehen. Betrafen mehrere Bescheide im Zeitraum 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2017 dieselbe Anlage sind diese als einheitliche Bescheide zu werten und die festgesetzten Beiträge zusammen zu zählen. Bescheide vor dem 1. Januar 2014, die dieselbe Anlage wie Bescheide im maßgeblichen Zeitraum betreffen, bleiben jedoch unberücksichtigt.

 

Mitwirkungspflichten

Jeder Antragsteller hat bei der Ermittlung des Sachverhalts sowohl im Rahmen der Bewilligung als auch bei einer etwaigen späteren Überprüfung mitzuwirken und geforderte Unterlagen oder Nachweise beizubringen. Die Kommission kann für die Mitwirkung jeweils angemessene Fristen setzen. Ein Antrag wird ohne weitere Prüfung abgelehnt oder eine bereits erteilte Bewilligung widerrufen oder zurückgenommen, wenn der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht nicht fristgerecht nachkommt und auf Verlangen der Kommission nicht unverzüglich glaubhaft macht, dass die Verspätung nicht auf seinem Verschulden beruht; hierauf ist der Antragsteller bei Fristsetzung hinzuweisen (Art. 19a Abs. 6 KAG). Kommission und Geschäftsstelle erhalten dadurch die Möglichkeit, Fristen zu setzen; hierdurch kann bei unvollständig eingegangenen Anträgen auf eine ordnungsgemäße und zeitnahe Nachholung der Mitwirkungshandlung hingewirkt werden.

 

Freiwillige Leistung

Die Gewährung eines Härteausgleichs ist eine freiwillige Leistung, auf die kein Rechtsanspruch besteht (Art 19a Abs. 8 KAG).

 

Forderungsübergang auf Freistaat Bayern

Soweit Erstattungsanprüche des Leistungsempfängers bezüglich der den Härteausgleich begründenden Zahlung gegenüber der Gemeinde insbesondere nach Art. 5 Abs. 5 Sätze 2 und 3 KAG (Rückzahlung der Vorausleistung, wenn Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass  des Vorauszahlungsbescheids noch nicht entstanden ist und die Einrichtung bis zu diesem Zeitpunkt nicht benutzbar ist) sowie Art 19 Abs. 8 KAG (Rückzahlung der Vorausleistung, wenn die Gemeinde nicht bis 31. Dezember 2024 die Anlage endgültig technisch fertiggestellt hat und eine fiktive Abrechnung des endgültigen Beitrags vorgenommen hat) entstehen, gehen diese in Höhe des Härteausgleichs auf den Freistaat Bayern über. Der Leistungsempfänger ist verpflichtet, dem Freistaat Bayern die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte zu erteilen und ihm die zum Beweis der Forderung dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitz befinden, vorzulegen. Daneben ist er verpflichtet, den Forderungsschuldner (Gemeinde) vom Forderungsübergang in Kenntnis zu setzen. Leistungen aus dem Härtefallfonds sind an den Freistaat Bayern zurückzuzahlen, soweit der betroffene Beitrag endgültig erlassen oder erstattet oder der Bescheid endgültig aufgehoben wird; soweit dies der Fall ist, ist der Bewilligungsbescheid aufzuheben. Die aufgrund dieser Vorschrift an den Freistaat Bayern zurückerstattenden Beträge fließen nicht in den Härtefallfonds zurück.