Die Frage der Erschließung von Hinterliegern nach § 131 Abs. 1 BauGB ist immer wieder schwierig zu beantworten, da hier zahlreiche Aspekte eine Rolle spielen. Sind die Grundstücke selbstständig bebaubar? Besteht Eigentümeridentität zwischen den Grundstücken? Und ist der Hinterlieger gefangen?
Die Gemeinde stellt eine Erschließungsstraße erstmalig her. Dem Kläger gehören mehrere Grundstücke: zwei (unbebaute) Grundstücke, die nur von der streitbefangenen erschlossen werden, ein bebautes Grundstück, für das die Straße eine Zweiterschließung darstellt, sowie sechs Grundstücke, die als gefangene Hinterlieger unbebaut sind. Die Gemeinde zieht den Kläger zu Erschließungsbeiträgen in Höhe von insgesamt rund 65.000 EUR heran. Der Kläger wendet ein, dass die Hinterliegergrundstücke nicht erschlossen sind, in den vorinstanzlichen Entscheidungen werden die Beiträge aber im Wesentlichen für rechtmäßig erachtet.
Das Obergericht sieht das anders und hebt die Entscheidung der Vorinstanz auf.
„Vorbehaltlich abweichender Festsetzungen im Bebauungsplan kann sich der Erschließungsvorteil neben den unmittelbar an die Anbaustraße angrenzenden, selbständig bebaubaren oder gewerblich nutzbaren Grundstücke, die von der Anlage - gegebenenfalls nach Ausräumung bestehender, aber mit zumutbarem Aufwand zu beseitigender Hindernisse - mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen angefahren werden können, ausnahmsweise auch auf Grundstücke erstrecken, die durch weitere Grundstücke von der Anlage getrennt sind (sog. Hinterliegergrundstücke[…]), wenn diese entweder durch eine dauerhafte, rechtlich gesicherte Zufahrt mit der Anlage verbunden sind oder wenn die Eigentümer der übrigen Grundstücke nach den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen bei Eigentümeridentität von Anlieger- und Hinterliegergrundstück schutzwürdig erwarten können, dass auch Letzteres in den Kreis der erschlossenen Grundstücke einbezogen wird, weil es tatsächlich durch eine Zufahrt über das Anliegergrundstück mit der Anlage verbunden ist oder weil Hinter- und Anliegergrundstück einheitlich genutzt werden […].“
„Hiervon unabhängig können in Fällen der Eigentümeridentität darüber hinaus sogenannte gefangene, d. h. an keine Erschließungsanlage grenzende Hinterliegergrundstücke in die Verteilung des erschließungsbeitragsfähigen Erschließungsaufwands einbezogen werden. Sofern im Übrigen die Voraussetzungen des § 131 BauGB erfüllt sind, kann - vorbehaltlich gesonderter Festsetzungen des Bebauungsplans, etwa hinsichtlich der Lage von Baufenstern oder Zuwegungen, sowie topographischer Besonderheiten, die der Erwartung einer Erschließung über das Anliegergrundstück entgegenstehen - eine dahingehende schutzwürdige Erwartung der übrigen Anlieger jedenfalls insoweit bestehen, als dies der sonst üblichen Grundstücks- und Bebauungstiefe der umliegenden Anliegergrundstücke entspricht. Unter dieser Voraussetzung ist die Einbeziehung auch nicht auf das unmittelbar an das eigentliche Anliegergrundstück angrenzende Hinterliegergrundstück beschränkt und kann ein gefangenes Hinterliegergrundstück, das über Anliegergrundstücke desselben Eigentümers an mehrere Erschließungsanlagen grenzt, gegebenenfalls auch mehrfach erschlossen sein [...].“
Da das Obergericht diese Voraussetzungen nicht geprüft hatte, wurde sein Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie ausführliche Erläuterungen zum Erschlossensein von Hinterliegern in den Rdnrn. 853 ff.
Exklusiv für die Bezieher des Matloch/Wiens Erschliessungsbeitragsrechts. Die Tipps für die Praxis tragen dazu bei, die schwierige Materie in den Alltag zu integrieren.
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