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10.03.2021

Endgültige Herstellung und Bauprogramm

Der Grundsatz:

Das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten setzt die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage voraus. Um endgültig hergestellt zu sein, muss die Erschließungsanlage in vollem Umfang programmmäßig fertiggestellt sein.

 

Der Fall:

Der obergerichtlichen Entscheidung lag ein Rechtsstreit über die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag zugrunde. Das Bauprogramm der Gemeinde für den in den Jahren 1991/1992 angelegten F......weg sah ursprünglich vor, diesen durchgehend in einer Breite von 7,5 m bis 8,0 m herzustellen. Da im Bereich des klägerischen Grundstücks die Grunderwerbsverhandlungen scheiterten, wurde der F......weg in diesem Streckenabschnitt nur in einer Breite von ca. 5,0 m errichtet. Der Bauausschuss der Gemeinde beschloss am 5. Februar 1992 ausdrücklich, auf den Restausbau des F......wegs nicht zu verzichten. Erst mit Beschluss des Bau- und Planungsausschusses vom 17. Januar 2018 gab die Gemeinde ihre weitergehende Planung auf und beschloss, dass ein weiterer Ausbau des F......wegs nicht erforderlich sei. Strittig war, zu welchem Zeitpunkt der F…..weg endgültig hergestellt war:

 

Die obergerichtliche Entscheidung:

In der Entscheidung stellt das Gericht zunächst die Grundsätze der endgültigen Herstellung hinsichtlich der sog. flächenmäßigen Einrichtungen dar und geht dabei vor allem auf das Bau- und Ausbauprogramm ein.

„Das Entstehen der – sachlichen – Beitragspflicht setzt die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage voraus (vgl. § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Die Merkmale der endgültigen Herstellung sind von der Gemeinde durch Satzung zu regeln (§ 132 Nr. 4 BauGB). Das gilt sowohl für die Teileinrichtungen der Erschließungsanlage, zu denen insbesondere die Fahrbahn zählt, als auch die bautechnische Ausgestaltung der Teileinrichtungen.

Welche flächenmäßigen Teileinrichtungen in welchem Umfang die Gesamtfläche der jeweiligen Straße in Anspruch nehmen sollen, kann in der Erschließungsbeitragssatzung festgelegt werden, muss es aber nicht und wird es in der Regel (…) nicht, weil die Flächenaufteilung von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Es genügt, dass die Gemeinde das in einem formlosen, auf die konkrete Einzelanlage bezogenen Bauprogramm bestimmt. Eine ausdrückliche Entscheidung empfiehlt sich, ist aber nicht zwingend notwendig. Das Bauprogramm kann sich auch (mittelbar) aus Beschlüssen des Gemeinderats oder seiner Ausschüsse sowie den solchen Beschlüssen zugrundeliegenden Unterlagen und selbst aus der Auftragsvergabe ergeben (…). Es kann solange mit Auswirkungen auf das Erschließungsbeitragsrecht geändert werden, wie die Straße noch nicht einem für sie aufgestellten Bauprogramm entspricht, d.h. noch nicht endgültig im Sinne des § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB hergestellt worden ist.

Um im Rechtssinn ‚endgültig hergestellt‘ zu sein, muss also die Erschließungsanlage in vollem Umfang programmgemäß fertiggestellt sein. Das verlangt mit Blick auf die flächenmäßigen Teileinrichtungen, dass sie nicht nur auf der gesamten im Bauprogramm dafür vorgesehenen Fläche angelegt sind, sondern auch auf der gesamten Fläche die bautechnischen Anforderungen des Ausbauprogramms nicht unterschreiten. Solange sie dahinter zurückbleiben, scheidet eine endgültige Herstellung aus, es sei denn, die Gemeinde gibt – durch das zuständige Gemeindeorgan – ihr weitergehendes Programm auf.“

 

Unter Anwendung dieser Grundsätze stellt das Gericht fest, dass die Anlage erst im Zuge des Beschlusses vom 17. Januar 2018 endgültig hergestellt wurde.

„Gemessen daran wurde der F......weg erst mit der Aufgabe der ursprünglichen Planung durch den Beschluss des Bau- und Planungsausschusses vom 17. Januar 2018 ‚endgültig hergestellt‘ (…). Bis zu diesem Zeitpunkt war die 1991/1992 angelegte Straße hinter dem ursprünglichen gemeindlichen Bauprogramm zurückgeblieben, weil sie im Bereich des klägerischen Grundstücks wegen des gescheiterten Grunderwerbs nicht mit der durchgehend vorgesehenen Breite von 7,5 bis 8,0 m hatte gebaut werden können. Eine Umplanung mit Verringerung der Ausbaubreite vor dem klägerischen Grundstück hatte der Bauausschuss am 5. Februar 1992 aufgrund einer Stellungnahme des Tiefbauamtes ausdrücklich abgelehnt. Der vom Kläger angeführte Teilschlussbericht über den Ausbau des F......wegs vom 3. Februar 2007 stellt schon als verwaltungsinterne Mitteilung keine konkludente Änderung des Bauprogramms für den F......weg durch das zuständige Gemeindeorgan, nämlich den für den Gemeinderat handelnden beschließenden Ausschuss, dar. Gleiches gilt für die Stellungnahme des Bauamts der Beklagten vom 10. Mai 1995 an die Regierung von Niederbayern im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens. Die Änderung des Bauprogramms für den F......weg erfolgte erst am 17. Januar 2018, als der Bau- und Planungsausschuss der Beklagten aufgrund einer entsprechenden Stellungnahme des Tiefbauamts das weitergehende Bauprogramm aufgab. Erst damit wurde der F......weg endgültig hergestellt. Stichhaltige Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bereits zuvor ihre weitergehende Planung konkludent aufgegeben haben könnte, sind nicht ersichtlich.“

 

Unsere Hinweise:

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens sind die endgültige Herstellung ab Rn. 400 sowie speziell die Einteilung der Fläche und das Bauprogramm in Rn. 413 ausführlich dargestellt.


Unsere Tipps für die Praxis:

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