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20.08.2012

Neues vom Hinterlieger

Die Rechtsprechung zum Erschlossensein von Hinterliegergrundstücken entwickelt sich in jüngster Zeit auseinander.

 

Die Aufgabenstellung:

 

Gemäß § 131 Abs. 1 BauGB (in Baden- Württemberg § 39 Abs. 1 Satz 1 KAG-BW) ist der beitragsfähige Erschließungsaufwand auf die erschlossenen Grundstücke zu verteilen. „Erschlossen“ in diesem Sinne sind Grundstücke, denen die Erschließungsanlage in erschließungsbeitragsrechtlich relevanter Weise, d.h. in einer auf die bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit der Grundstücke gerichteten Funktion, die Zugänglichkeit vermittelt (BVerwG in ständiger Rechtsprechung). Dies betrifft bei Anbaustraßen in erster Linie die unmittelbar an die Anlage angrenzenden Grundstücke - sog. Anliegergrundstücke, die in der Regel den Erschließungsvorteil „abschöpfen“. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt der Erschließungsvorteil aber auch Grundstücken zugute, die nicht unmittelbar anliegen, sondern durch ein anderes Grundstück von der Erschließungsanlage getrennt sind (sog. Hinterliegergrundstücke). Solche Grundstücke zählen dann zum Kreis der erschlossenen Grundstücke, wenn sie durch die Anlage einen Erschließungsvorteil erfahren.

 

In der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Oberverwaltungsgerichte haben sich die Voraussetzungen, unter denen ein Erschlossensein von Hinterliegergrundstücken anzunehmen ist, auseinander entwickelt. Begriffe wie „Wegdenkenstheorie“, „isolierte Betrachtungsweise“, „gefangener“ und „nicht gefangener Hinterlieger“, Auseinanderfallen von Erschlossensein und Beitragspflicht prägen die Urteile und Beschlüsse – mit unterschiedlichen Ergebnissen für die Frage des Erschlossenseins. Wir stellen Ihnen eine weitere aktuelle obergerichtliche Entscheidung vor.

 

 

Die obergerichtliche Entscheidung:

 

„Das Grundstück Flst. Nr. 7606 wird durch das selbständig nutzbare Anliegergrundstück Flst. Nr. 7606/3 von den Anbaustraßen ... getrennt und ist daher aus der Sicht dieser Straßen ein sogenanntes Hinterliegergrundstück. Ein von der abzurechnenden Straße durch ein selbständig nutzbares Anliegergrundstück getrenntes Grundstück wird grundsätzlich nicht durch diese Straße erschlossen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Eigentümer der übrigen erschlossenen Grundstücke nach den im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht bestehenden tatsächlichen Verhältnissen schutzwürdig erwarten können, dass auch das Hinterliegergrundstück an der Verteilung des für die abzurechnende Erschließungsanlage angefallenen umlagefähigen Erschließungsaufwands teilnimmt ...

 

a)     Eine solche Erwartung ist zum einen dann begründet, wenn Hinterlieger- und Anliegergrundstück zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht im Eigentum der gleichen Person stehen. Dies ist jedoch hier nicht der Fall ... (wird ausgeführt)

b)     Eine schutzwürdige Erwartung der übrigen Beitragspflichtigen, dass auch das Hinterliegergrundstück Flst. Nr. 7606 an der Verteilung des für die abzurechnende Erschließungsanlage angefallenen Erschließungsaufwands teilnimmt, wäre ferner dann zu bejahen, wenn im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht das Grundstück und das angrenzende Anliegergrundstück Flst. Nr. 7606/3 einheitlich genutzt worden wären oder eine tatsächliche, rechtlich unbedenkliche Zufahrt über das Anliegergrundstück bestanden hätte. Auch diese Voraussetzungen lagen jedoch nicht vor. Aufgrund des zuvor erfolgten Eigentumswechsels wurden beide Grundstücke im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht nicht mehr einheitlich genutzt und werden dies auch bis heute nicht.

 

Der Umstand, dass auf dem Grundstück Flst. Nr. 7606/3 eine - aus früherer Zeit stammende - Zufahrt zu dem Grundstück Flst. Nr. 7606 vorhanden ist, genügt nicht, um das Grundstück als durch die abgerechnete Erschließungsanlage erschlossen anzusehen. Denn diese Zuwegung über das Anliegergrundstück Flst. Nr. 7606/3, die auf die ehemals einheitliche Nutzung der Grundstücke zurückzuführen ist, ist weder durch die Bestellung einer Baulast noch die Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch zu Lasten des Anliegergrundstücks gesichert ... Zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht stand auch nicht zu erwarten, dass Anlieger- und Hinterliegergrundstück - trotz Eigentümerverschiedenheit - in Zukunft wieder grenzüberschreitend einheitlich genutzt werden und diese Nutzung durch Baulast bzw. Grunddienstbarkeit abgesichert wird ... (wird ausgeführt)“

 

 

Unsere Hinweise:

 

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren umfangreichen Tipps für die Praxis. Dort stellen wir auch die von der vorgestellten Entscheidung abweichende Rechtsprechung anderer Gerichte vor und geben Tipps, welcher Rechtsmeinung Sie folgen mögen. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie umfangreiche Erläuterungen mit Darstellung der einschlägigen – unterschiedlichen - Rechtsprechung zum Erschlossensein von Hinterliegergrundstücken bei Rdnrn. 851 ff.

 


Unsere Tipps für die Praxis:

Exklusiv für die Bezieher des Matloch/Wiens Erschliessungsbeitragsrechts. Die Tipps für die Praxis tragen dazu bei, die schwierige Materie in den Alltag zu integrieren.

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