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12.09.2011

Erschließungsvertrag: Vorrang vor dem städtebaulichen Vertrag?

Wir präsentieren Ihnen einen Gastbeitrag mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin Vanessa Döring, Richterin beim Verwaltungsgericht München

 

Das BVerwG hat sich mit der Frage beschäftigt, ob bei einem Erschließungsvertrag mit einer kommunalen Eigengesellschaft die Regelungen zum städtebaulichen Vertrag gem. § 11 BauGB zur rechtlichen Beurteilung herangezogen werden können.

In der bereits an anderer Stelle zitierten Entscheidung vom 1.12.2010 (9 C 8.09) hat sich das BVerwG nicht nur mit dem Merkmal des „Dritten“ und den Voraussetzungen einer „Übertragung“ der Erschließung i.S.v. § 124 BauGB auseinandergesetzt, sondern auch zu dem Verhältnis des Erschließungsvertrags zum städtebaulichen Vertrag Stellung genommen. Es hat entschieden, dass zur rechtlichen Beurteilung des bereits im Rahmen des Beitrags zu der Übertragung der Erschließung auf eine kommunale Eigengesellschaft skizzierten Vertragsverhältnisses nicht die Regelung über den städtebaulichen Vertrag in § 11 BauGB herangezogen werden kann, die keine Einschränkung auf „Dritte“ als Vertragspartner der Gemeinde enthält. § 124 BauGB sei gegenüber § 11 BauGB die speziellere Norm, da der Erschließungsvertrag i.S.v. § 124 BauGB eine besondere Form des städtebaulichen Vertrags sei. Diese Vorrangstellung des § 124 BauGB gilt nach dem vorgenannten Urteil des 9. Senats des BVerwG auch im Verhältnis zu dem in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB geregelten Folgekostenvertrag. Auch gegenüber dem Folgekostenvertrag sei der Erschließungsvertrag die speziellere Vertragsform.

Mit dieser Auffassung folgt das BVerwG nicht der im Schrifttum vertretenen Ansicht, wonach § 11 BauGB grundsätzlich gleichberechtigt neben den Vorschriften über den Erschließungsvertrag steht, sich die verschiedenen Vertragsformen mithin nicht ausschließen (vgl. etwa Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 2010, § 11 Rn. 160). Die Vorrangstellung des Erschließungsvertrags im Verhältnis zum städtebaulichen Vertrag ergibt sich für das BVerwG aus gesetzeshistorischen Erwägungen. Der 9. Senat verweist dazu auf die Begründung des Gesetzesentwurfs des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998. Danach habe mit § 11 BauGB die Vorgängerregelung des § 6 des BauGB-Maßnahmengesetzes inhaltlich weitgehend unverändert übernommen werden sollen. Die Vorschrift sei lediglich redaktionell verkürzt worden. Mit der Regelung des Folgekostenvertrags in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB habe die seit langen Jahren unbeanstandete Vertragspraxis kodifiziert werden sollen. In der Gesetzesbegründung finde sich hingegen keine Aussage zu dem Verhältnis des städtebaulichen Vertrags zu dem in § 124 BauGB geregelten Erschließungsvertrag. Insbesondere sei die Regelung des § 124 BauGB unangetastet geblieben und auch nicht in die Vorschrift des § 11 BauGB integriert worden. Mithin könne nicht angenommen werden, dass es dem Willen des Gesetzgebers entsprochen habe, für die Gemeinden neben der Möglichkeit der Beitragserhebung (§§ 127 ff BauGB) und dem Abschluss eines Erschließungsvertrags (§ 124 Abs. 1 BauGB) einen dritten Weg, nämlich den Abschluss eines städtebaulichen Vertrags (§ 11 BauGB) zur Finanzierung von Erschließungsmaßnahmen bereitzustellen. Dies gelte vor allem in Anbetracht der speziellen Tatbestandsvoraussetzungen des § 124 BauGB, insbesondere im Hinblick auf das Merkmal des „Dritten“.


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