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01.08.2011

Erschließungsvertrag: Die Fremdanliegerproblematik und der Biss in den sauren Apfel

Werden Grundstücke durch einen Erschließungsunternehmer (mit)erschlossen, die nicht in dessen Eigentum stehen, kann er nur aufgrund eines, zwischen ihm und dem Fremdanlieger, geschlossenen Vertrags seine Kosten zurückfordern. Existiert dieser Vertrag nicht und der Erschließungsunternehmer bleibt auf seinen Kosten sitzen, ist zu prüfen, ob der Erschließungsvertrag zwischen der Gemeinde und dem Erschließungsunternehmer den gesamten Umständen nach noch angemessen ist.

 

Der Grundsatz:

 

Überträgt die Gemeinde die Erschließung auf einen Dritten (Erschließungsvertrag) und ist dieser Dritte, der Erschließungsunternehmer, nicht Eigentümer aller von ihm erschlossenen Grundstücke, so stellt sich das Problem der sog. Fremdanlieger. Als Fremdanlieger in diesem Sinne wird ein Grundstück bezeichnet, das von der Erschließung durch den Erschließungsunternehmer einen Vorteil erfährt, weil es durch die von dem Erschließungsunternehmer hergestellten Erschließungsanlagen (mit)erschlossen wird. Der Eigentümer eines solchen Grundstücks kann vom Erschließungsunternehmer nur auf Grund einer zwischen diesen beiden einvernehmlich zustande gekommenen vertraglichen Lösung in Anspruch genommen werden; verweigert der Fremdanlieger sich, so bleibt der Erschließungsunternehmer auf den insoweit anfallenden Kostenanteilen sitzen. Aber auch die Gemeinde ist nicht in der Lage, Beiträge für die Fremdanliegergrundstücke festzusetzen, da ihr wegen der Übertragung der Erschließung auf den Erschließungsunternehmer kein beitragsfähiger Aufwand entsteht.

 

In der Praxis wird gelegentlich die folgende Lösung gewählt: Der Erschließungsunternehmer übernimmt die Aufwandsanteile, die im Falle einer Beitragsveranlagung dem Fremdanlieger auferlegt werden könnten. Er beißt in den sauren Apfel. Diese Lösung wirft aber gewichtige Fragen auf, z.B. die nach der Wirksamkeit eines solchermaßen vereinbarten Erschließungsvertrags.

 

Die Entscheidung (nicht wörtliche Inhaltswiedergabe):

 

Nach § 124 Abs. 3 Satz 1 BauGB setzt die Wirksamkeit eines Erschließungsvertrags (u.a.) voraus, dass die vertraglich vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sind und in sachlichem Zusammenhang mit der Erschließung stehen. Mit diesem Angemessenheitsgebot soll dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Übermaßverbot Rechnung getragen werden. Da die in einem Erschließungsvertrag vereinbarten Leistungen "den gesamten Umständen nach" angemessen sein müssen, müssen die Leistungen nicht nur im Verhältnis untereinander, sondern auch im Verhältnis zum Vertragszweck ausgewogen sein, wobei eine wirtschaftliche Betrachtung des Gesamtvorgangs geboten ist. Eine Unausgewogenheit der vereinbarten Leistungen ist nicht stets dann anzunehmen, wenn ein Erschließungsunternehmer die Aufwandsanteile zu tragen hat, die im Falle einer Beitragsveranlagung einem Fremdanlieger auferlegt werden könnten (vgl. hierzu BVerwG v. 02.11. 2010 Az. 9 B 98/09 – n.v.) - zumal dann, wenn sie relativ niedrig sind und es sich bei dem Erschließungsunternehmer um einen in der Teilnahme am Geschäftsverkehr und der Aushandlung von Verträgen versierten Unternehmer handelt, der das Risiko hinsichtlich einer Beteiligung von Fremdanliegern an den Herstellungskosten auf privatrechtlichem Wege abzuschätzen weiß und der letztlich aus dem in Rede stehenden Geschäft keine Verluste erwirtschaftet.

 

Unsere Hinweise:

 

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie ausführliche Erläuterungen zur Fremdanliegerproblematik, einschlägige Rechtsprechung hierzu sowie Lösungswege bei Rdnrn 1610 – 1615 .

 

 


Unsere Tipps für die Praxis:

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