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08.12.2022

Verteilung: Tiefenbegrenzungsregelung in der Satzung

Inwiefern übertiefe Grundstücke erschlossen sind, ist im Einzelfall nicht immer leicht herauszufinden. Früher hat man sich deswegen des Instruments der Tiefenbegrenzung bedient, um einfach zu klaren Ergebnissen zu kommen. Heutzutage ist das jedoch kaum noch möglich, wie vorliegender Fall veranschaulicht.

Der Fall: 

Die Gemeinde zieht die beigeladene Grundstückseigentümerin mit Bescheid vom 17.11.2014 zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der hier streitbefangenen Straße i.H.v. rund 57.000 EUR heran. Die Beitragspflichtige geht gegen den Beitragsbescheid vor und bringt an, dass die Gemeinde eigentlich erschlossene Flächen nicht in die Verteilung mit einbezogen habe: An der Straße liegen zwei übergroße Grundstücke an, bei denen die Gemeinde die Tiefenbegrenzungsregelung ihrer Satzung zur Anwendung gebracht habe. Dabei sei diese unwirksam.

Die höchstrichterliche Entscheidung:

Das Oberverwaltungsgericht gab der Beitragspflichtigen recht. Die Tiefenbegrenzung in der Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde ist nichtig. Die Gemeinde hätte sämtliche erschlossenen Grundstücke mit ihrer vollen Grundstücksfläche veranlagen müssen. Die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung sei unwirksam, „da es an den dazu erforderlichen Ermittlungen zu den typischen örtlichen Bebauungsverhältnissen im Gemeindegebiet fehlt.“ Die Gemeinde trägt vor, „sie habe auch ohne eine wirksame Satzungsbestimmung für die damals „im unbeplanten Innenbereich gelegenen und übermäßig tiefen Grundstücke […]“ den räumlichen Umfang des Erschlossenseins bestimmen müssen. Dies sei anlässlich des Bescheiderlasses am 17. November 2014 durch die für maßgeblich gehaltene Tiefenbegrenzung von 50 m geschehen. Das kann nicht überzeugen.“ „Zwar ist grundsätzlich eine Tiefenbegrenzung bei Vorliegen der sachlichen Voraussetzungen auch unabhängig von einer (wirksamen) Satzungsregelung zu gewähren […]. Dabei muss die Gemeinde aber in jedem Einzelfall gemäß § 131 BauGB entscheiden, inwieweit das betrachtete Grundstück von der abzurechnenden Erschließungsanlage erschlossen wird. Denn eine Tiefenbegrenzung dient zur Bestimmung der Grenze von Ausnutzbarkeit und Erschließungsvorteil bei übermäßig tiefen Grundstücken, dagegen nicht dazu, diese zu verhindern. Sie darf daher nicht dazu führen, dass Flächen ausgeschieden werden, die bebaut oder bebaubar sind. Die schematische Anwendung einer – unwirksamen – generalisierten Tiefenbegrenzung ist in diesem Fall nicht möglich. Vielmehr muss die von der Gemeinde einzelfallbezogen gewählte Tiefenbegrenzung (ebenfalls) die typischen örtlichen Verhältnisse widerspiegeln […] und zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der bevorteilten von den nicht mehr bevorteilten Flächen ausgerichtet sein […].“

Einzelfallermittlung hinsichtlich des Erschlossenseins ist nicht erfolgt.

„Dafür, dass die [Gemeinde] eine nach diesen Grundsätzen ausgerichtete sorgfältige Einzelfallermittlung im Hinblick auf die [beiden übergroßen] Grundstücke […] angestellt hätte, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten. Im Gegenteil ist vielmehr anzunehmen, dass die [Gemeinde], die bei der Berechnung der Beitragshöhe ja noch von der Wirksamkeit ihrer satzungsmäßigen Tiefenbegrenzungsregelung ausgegangen ist, in Anwendung dieser Satzungsbestimmung die dort festgelegte generalisierte Tiefenbegrenzung von 50 m angewendet hat, ohne den räumlichen Umfang des Erschlossenseins im Hinblick auf die [beiden] Grundstücke […] im Einzelfall zu bestimmen. Überlegungen zu der Frage, ob jenseits der so gezogenen Grenze ein Erschließungsvorteil der betroffenen Grundstücke wegen fehlender Ausnutzbarkeit gegeben ist oder nicht, hat die [Gemeinde] ersichtlich nicht angestellt. In der Sache sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass für die vollständig im Innenbereich gelegenen Grundstücke die Erschließungswirkung der [abzurechnenden Anlage] auf eine Teilfläche begrenzt sein könnte […].“

Unsere Hinweise:

Die Daten der vorgestellten höchstrichterlichen Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie die Erläuterungen zur Tiefenbegrenzung in den Rdnr. 808b ff.


Unsere Tipps für die Praxis:

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