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29.01.2024

Baurecht vs. Beitragsrecht – Das Duell um den Beginn des Außenbereichs

Nach § 131 Abs. 1 BauGB kann der beitragsfähige Aufwand nur auf erschlossene Grundstücke verteilt werden. Erschlossen ist ein Grundstück dabei nur dann, wenn es bebaubar ist, d.h. im Gebiet eines Bebauungsplans oder im Innenbereich nach § 34 BauGB liegt. Aus diesem Grund muss im Beitragsrecht – genauso wie im Baurecht – die Grenze zwischen Außen- und Innenbereich gezogen werden. Was passiert aber, wenn die Kolleginnen und Kollegen von der Bauaufsicht es anders sehen als die Beitragssachbearbeitung?

Der Fall:

Der Kläger möchte auf seinem Grundstück im südlichen Teil ein zweites Wohngebäude errichten. Die zuständige Bauaufsichtsbehörde lehnt die beantragte Baugenehmigung ab; das Vorhaben liege im Außenbereich. Der Kläger sieht das anders – und nicht nur er. Auch die Gemeinde hat für sein gesamtes Grundstück einen Erschließungsbeitrag erhoben, erachtet also das gesamte Grundstück als Innenbereich. Er erhebt Klage.

Die gerichtliche Entscheidung:

Die Klage bleibt erfolglos, genauso wie der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil.

Baurechtliche Definition des Außenbereichs

Das geplante Wohnhaus – so das OVG – befinde sich außerhalb des Bebauungszusammenhangs und damit des Innenbereichs:

„Ein Bebauungszusammenhang im Sinn von § 34 BauGB ist nach ständiger Rechtsprechung anzunehmen, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden. Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper. Örtliche Besonderheiten können es im Einzelfall aber ausnahmsweise rechtfertigen, ihm noch bis zu einem Geländehindernis, einer Erhebung oder einem Einschnitt (Damm, Böschung, Graben, Fluss, Waldrand o.ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind oder trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen. Maßgeblich ist dabei, ob diese besonderen topografischen oder geografischen Umstände den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang vermitteln […]. Für die Begrenzung des Bebauungszusammenhangs kommt es auf die Grundstücksgrenzen nicht an […]. Weiter muss die Grenzlinie zwischen Innen- und Außenbereich nicht gradlinig verlaufen, sondern darf grundsätzlich auch vor- und zurückspringen […].“

Bauakzessorische Nutzung ist zwar grundsätzlich möglich, wird hier aber überschritten.

„Soweit der Kläger meint, dass der gesamte südliche Grundstücksbereich als wohnakzessorischer Bereich dem Bebauungszusammenhang der nördlich anschließenden Wohnbebauung zuzurechnen sei, trifft das nicht zu. Zwar können Grundstücksflächen mit auf das Hauptgebäude bezogenen Nebenanlagen als bebauungsakzessorisch genutzte Grundstücksteile noch dem Innenbereich zuzurechnen sein. Dies gilt jedoch nur für hausnahe, typische Hausgärten. Bei der Abgrenzung gilt ein restriktiver Maßstab […]. Die sogenannte bebauungsakzessorische Nutzung soll es dem Bauherrn ermöglichen, unmittelbar angrenzend an das Hauptgebäude in angemessenem Umfang untergeordnete Nebenanlagen im Sinn von § 14 Abs. 1 BauNVO, wie beispielsweise eine Terrasse oder ein Gartenhaus, unterzubringen. Dagegen ist nicht bezweckt, dass ein weiteres Hauptgebäude bzw. Wohnhaus errichtet wird; ein größerer Umgriff verbietet sich deshalb […].“

Anderslautende Entscheidung der beitragserhebenden Gemeinde ist irrelevant.

„Eine andere Beurteilung der planungsrechtlichen Einordnung des Vorhabengrundstücks ergibt sich entgegen dem Zulassungsvorbringen auch nicht aus dem Erschließungsbeitragsbescheid der [Gemeinde], der das gesamte Vorhabengrundstück nach [ihrer] Erschließungsbeitragssatzung im Hinblick auf den Bebauungsplan bewertet habe. Denn ein Erschließungsbeitragsbescheid entfaltet keine Bindungswirkungen für eine bauplanungsrechtliche Beurteilung […].“

Unsere Hinweise:

Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. In Ihrem Matloch/Wiens finden Sie die Erläuterungen zur beitragsrechtlichen Abgrenzung von Innen- und Außenbereich in Rdnr. 870.


Unsere Tipps für die Praxis:

Exklusiv für die Bezieher des Matloch/Wiens Erschliessungsbeitragsrechts. Die Tipps für die Praxis tragen dazu bei, die schwierige Materie in den Alltag zu integrieren.

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