Der Tod eines Verfahrensbeteiligten bewirkt eine Aussetzung des Verfahrens nach § 173 VwGO i.V.m. § 246 Abs. 1 ZPO.
Der Fall:
Die Gemeinde erließ im Jahr 2014 Beitragsbescheide für den Ausbau einer Straße. Ein Beitragspflichtiger erhob Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs – der Beitragsbescheid sei rechtswidrig. Im Jahr 2017 teilten die Bevollmächtigten des Antragstellers dem Gericht mit, dass der Antragsteller kürzlich verstorben sei; seine Erben seien derzeit noch nicht bekannt.
Auf Antrag der Gemeinde als Antragsgegnerin setzte das Verwaltungsgericht daraufhin das Verfahrens gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO aus. Ohne dass das Verfahren durch den Rechtsnachfolger aufgenommen worden wäre, ordnete das Verwaltungsgericht – wie in einigen Parallelfällen – die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid an. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhob die Antragsgegnerin Beschwerde, die sie allein damit begründete, dass der Beschluss wegen der erfolgten und noch nicht beendeten Aussetzung des Verfahrens nicht hätte ergehen dürfen. Etwa sechs Wochen später hat die Alleinerbin des Antragstellers sowohl dem Verwaltungsgericht als auch dem Verwaltungsgerichtshof mitteilen lassen, dass sie das Verfahren aufnimmt (§ 239 Abs. 1 ZPO).
Die obergerichtliche Entscheidung
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft, fristgerecht begründet und auch sonst zulässig:
„Insbesondere ist die Antragsgegnerin mit der Rüge, der Beschluss des Verwaltungsgerichts hätte während des Verfahrensstillstands nicht ergehen dürfen, beschwerdebefugt. Die Rechtsfolgen der Aussetzung gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 249 ZPO kann jede Partei, also auch die Antragsgegnerin, trotz des Verfahrensstillstands mit den statthaften Rechtsbehelfen geltend machen, um der noch bestehenden Aussetzung Geltung zu verschaffen. Das folgt aus § 249 Abs. 2 ZPO, der keine Differenzierung nach der Parteirolle kennt (…).“
Die Beschwerde ist begründet. Sie führt aus den von der Antragsgegnerin dargelegten Gründen zur Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht:
„Der erstinstanzliche Beschluss über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Straßenausbaubeitragsbescheid hätte nicht ergehen dürfen. Denn im Zeitpunkt der Beschlussfassung dauerte die Aussetzung des Verfahrens, die das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. Januar 2018 wegen des Todes des Antragstellers nach § 173 VwGO i.V.m. § 246 Abs. 1 ZPO angeordnet hatte, noch fort. Das ergibt sich aus § 249 Abs. 2 ZPO, der nicht nur in Ansehung der Hauptsache vorgenommene Prozesshandlungen der Parteien umfasst, sondern auch alle nach außen wirkenden, die Hauptsache betreffenden Entscheidungen des Gerichts (…). Eine Gerichtsentscheidung, die in Widerspruch hierzu während der Aussetzung des Verfahrens ergeht, ist zwar nicht nichtig, aber relativ unwirksam und daher mit den üblichen Rechtsbehelfen anfechtbar (…). Das gilt entgegen der Auffassung der Antragstellerseite auch für verwaltungsgerichtliche Entscheidungen über Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO (…). Diese sind nicht vergleichbar mit Vollstreckungsschutzanträgen nach § 719 Abs. 2 ZPO, die nur eine vorbereitende Maßnahme im Rahmen der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbaren Urteil zum Ziel haben und deshalb auch während des Verfahrensstillstands gestellt und verbeschieden werden dürfen (…).“
Das Gericht konnte auch trotz der Aussetzung des Verfahrens über die von der Gemeinde erhobene Beschwerde entscheiden:
„Das Verfahren ist gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, der im Beschwerdeverfahren entsprechende Anwendung findet (…), an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, weil der Beschluss an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet und nur so der Aussetzung des Verfahrens Geltung verschafft und der unterbrechungsgemäße Zustand wieder hergestellt werden kann. Dass die Rechtsnachfolgerin des Antragstellers inzwischen die Aufnahme des Verfahrens erklärt hat, ändert daran nichts.“
Unsere Hinweise:
Die Daten der vorgestellten Entscheidung finden Sie in unseren Tipps für die Praxis. Dort finden Sie auch die Antwort auf die Frage, warum das Verfahren an das erstinstanzlich zuständige Verwaltungsgericht zurückzuverweisen ist und aus welchen Gründen das Beschwerdegericht nicht zur Sache, d.h. über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs entscheiden kann.
Exklusiv für die Bezieher des Matloch/Wiens Erschliessungsbeitragsrechts. Die Tipps für die Praxis tragen dazu bei, die schwierige Materie in den Alltag zu integrieren.
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